Der beste Deal wird wahr

■ Nach dem K.-o.-Sieg von Holyfield über Mike Tyson wähnt Don King die "Glaubwürdigkeit des Boxens in der Ringmitte"

Vermutlich war Mike Tyson auf dem Rücken liegen zu sehen das Beste, was Sonntagfrüh in Las Vegas passieren konnte. Das war jedenfalls jenes Bild, das die Bedürfnisse einer Menge Leute befriedigte. Am Boden lag der Eiserne, der verurteilte Vergewaltiger, der Mann, der seinen Gegnern das Nasenbein ins Hirn zu treiben versucht. „Die Leute haben heute wirklich etwas für ihr Geld bekommen“, nannte das sein Promoter Don King in der ihm eigenen pragmatischen Art.

Der Mann, der es möglich gemacht hat, ist nun WBA-Schwergewichtsweltmeister: Evander Holyfield (34). Produktslogan: The Real Deal. Soll heißen: Das ist keiner, der sich hinlegt, bevor er Schaden an Leib und Leben nimmt, wie jene vier, die Tyson vor ihm seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis geboxt hat. Holyfield wolle nicht primär überleben, sondern gewinnen. Er wußte sogar, wie es anzustellen war.

„Ich tat, was es brauchte, um zu gewinnen“, sagte er. Erstens: Tyson pflegt seine besten Schläge aus der Halbdistanz anzubringen. Gegen Holyfield kam er nicht dazu. Der nutzte seinen Reichweitenvorteil. Zweitens: Die Komposition eines Zwölfrundenkampfes ist Tyson fremd. Erstmals seit 1991 mußte er zu einer vierten Runde antreten. In Runde sechs war er es, der zu Boden ging, getroffen von einem linken Haken. Von dieser Sekunde an waren die 16.000 im MGM elektrisiert wie Kings Haare. Es war, was sie erleben wollten. Es war erst das zweite Mal, daß Tyson überhaupt zu Boden ging. Bei fünf war er wieder oben, doch der Kampf verlief von da an so, wie von Holyfield entworfen. Nach der 10. Runde erreichte Tyson nur mit Mühe seinen Schemel, zur elften kam er mit Schaumgummi-Beinen. 37 Sekunden und neun Treffer später war er ein 30 Millionen Dollar reicherer Ex- Weltmeister.

Und Holyfield (elf Millionen) ist nun der zweite nach Ali, der zum dritten Mal Schwergewichts- Weltmeister wurde. Holyfield hatte davor trotz zweier Titelgewinne nie als richtige Größe gegolten, seit er 1988 mit drei Cruiser- WM-Titeln ins Schwergewicht gewechselt war. Als Tyson zurückkam, schien Holyfield erledigt: Vor zwei Jahren war bei dem Mann aus Atlanta ein Herzproblem diagnostiziert worden. Dann hatte er zunächst gegen Moorer verloren, war letztes Jahr gegen Riddick Bowe sogar K.o. gegangen.

Nun ist der Mann, der in seinem Berufsleben als Profiboxer über 100 Millionen Dollar Bruttoeinnahmen verzeichnet hat, auch in Fragen der sportlichen Reputation (vulgo: „Ehre“) ganz oben. „Es ging darum, nicht aufzugeben“, sagt er. Tyson hat gesagt, er ziehe seinen Hut und freue sich auf den Rückkampf. Womit nun zum Wesentlichen übergegangen werden kann. Es war nicht nur die Nacht der Knockouts, in der die IBF- bzw. WBO-Titelträger Michael Moorer (gegen Botha) und Henry Akinwande (gegen Zolkin) jeweils durch Technischen K.o. ihre Titel behielten. Es war die Nacht der Pay-TV-Rekordeinnahme von mehr als 150 Millionen Dollar.

Nun allerdings zu fürchten, Promoter Don King habe – just wieder an alle Fäden gelangt – durch die Niederlagen Tysons (und Bothas) auch verloren, wäre voreilig. Eigentlich sollte Tyson am 15. März gegen Moorer boxen. Holyfield hat King das Geschäft aber nicht versaut, im Gegenteil. Besser hätte es selbst King nicht erfinden können. „Holyfield hat einen großartigen Job gemacht, der zeigt, daß die Glaubwürdigkeit des Boxens in der Mitte des Ringes ist.“ Das ist natürlich die beste Geschäftsgrundlage dafür, „das größte Re- Match in der Geschichte des Boxens“ auf die Beine zu stellen. Was denn auch sonst? pu