Energiesteuer statt Sozialabgaben

■ UnternehmensGrün fordert umfassende Steuerreform

Berlin (taz) – „Die Zukunft unserer Gesellschaft ist ohne eine ökologisch innovative und nachhaltige Wirtschaftsweise nicht vorstellbar“, sagen die Mitglieder von „UnternehmensGrün“. In ihren klein- und mittelständischen Betrieben wollen sie nicht nur Gewinne maximieren, sondern auch umweltgerecht arbeiten. Da umweltorientierte Unternehmen in Deutschland benachteiligt würden, hatten sie sich 1992 in Stuttgart zusammengeschlossen.

Am vergangenen Samstag hatte UnternehmensGrün zur fünften Jahrestagung nach Berlin geladen. Unter dem Titel „Von der Vision zur Praxis“ wollten rund 130 Mitglieder und Interessierte in der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR diskutieren, was nachhaltiges Wirtschaften für ein einzelnes Unternehmen bedeutet. Denn Nachhaltigkeit haben sich zwar inzwischen Organisationen wie Greenpeace und die Chemische Industrie auf die Fahnen geschrieben. Doch meinen sie damit selten dasselbe.

Gerade in der Praxis zerschellt der Anspruch leicht an der ökonomischen Realität – das müssen auch die Mitglieder von UnternehmensGrün, von der Brauerei bis zum Elektro-Einzelhandel, allzu oft erfahren. Dabei machte Berlins Umweltsenator Peter Strieder, Schirmherr der Veranstaltung, deutlich, in welchem Maße Umweltschutz ein Wirtschaftsfaktor ist, der auch Arbeitsplätze schafft. Allein in Berlin arbeiten 13.000 Angestellte in rund 400 Unternehmen, die sich mit Umwelttechnik und Umweltdienstleistungen befassen. Das sind dreimal mehr als noch 1987.

Doch umweltorientierte Unternehmer haben es in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit und Standortdiskussion schwer. Der Umweltschutz rutscht auf der politischen Tagesordnung ab. Darum dürfe, so UnternehmensGrün, Umweltpolitik nicht nur mit Geboten und Vorschriften gemacht werden, die abhängig sind von der Konjunktur des Themas Umweltschutz. Statt dessen sollten die Anreize im Wirtschaftssystem so verändert werden, daß umweltfreundlich produzierende Unternehmen auch ökonomisch besserstehen. UnternehmensGrün fordert darum die Senkung der Einkommensteuersätze um 15 Prozent. Private Abschreibungen sollten gestrichen werden.

Das Geld, das der Staat hierbei verliert, soll er durch eine deutliche Erhöhung der Energie- und Ressourcensteuern wieder hereinholen. Um die Lohnnebenkosten zu senken – und damit mehr Arbeitsplätze zu schaffen – fordert UnternehmensGrün, daß die Sozialabgaben nicht mehr den Löhnen aufgeschlagen werden. Statt dessen sollen die Sozialabgaben an der Höhe der Unternehmensgewinne bemessen werden. Außerdem fordert der Unternehmerverband die Einführung eines Bürgergeldes als soziale Grundsicherung und eine Grundrente für Pensionäre.

Der noch junge Verband ist durchaus optimistisch, daß er diese Forderungen durchsetzen kann: „Es gibt dazu eigentlich keine Altenative“, sagt Frieder Rock vom Vorstand. „Immer mehr Unternehmer fragen sich, ob es nicht auch ohne Umweltzerstörung und Sozialkrise geht. Das macht noch ein bißchen Hoffnung, daß das heutige System sich ändert und nicht geradeaus vor die Wand fährt.“ Marcus Franken