Kanther vermeldet Signal zur Abschiebung

■ BRD und Bosnien-Herzegowina paraphieren Rückführungsabkommen

Berlin (taz) – Das bisher größte amtliche Hindernis gegen die massenhafte Ausweisung der bosnischen Kriegsflüchtlinge ist gestern gefallen. Das Rückführungsabkommen mit Bosnien-Herzegowina sei paraphiert, gab gestern Innenminister Manfred Kanther (CDU) bekannt. „Bosnien-Herzegowina verpflichtet sich darin nach mehr als einjährigen Verhandlungen zur Rücknahme aller Staatsangehörigen“, erklärte eine Sprecherin des Bonner Innenministeriums.

Eine „geordnete Rückführung“ der 320.000 Bürgerkriegsflüchtlinge in Deutschland werde damit möglich, so Kanther. Den Betroffenen sei nun ein „klares Signal“ gegeben, sich auf eine Rückkehr einzustellen. So eindeutig der Innenminister die Ausweisung verkündet, so vage drückt er sich aber weiterhin über die Zukunftsperspektiven der Flüchtlinge in ihrem weithin zerstörten Land aus. Noch immer ist ungeklärt, ob und, wenn ja, wie die Flüchtlinge aus inzwischen serbischen Gebieten in ihre Heimat zurückkehren können.

Offen bleibt auch, welche Region Bosniens als sicher gilt. Bis zum Juni 1997 werden nur solche alleinstehenden Flüchtlinge und kinderlosen Ehepaare ausgewiesen, die aus sogenannten „rückkehrgeeigneten Gebieten“ stammen, heißt es aus dem Haus Kanthers. Was das bedeutet, wird aber von Bundesland zu Bundesland anders interpretiert. Bayern beruft sich auf eine Liste des UNO-Hilfswerks UNHCR, die aber nach Auskunft der Organisation „keine Aufstellung sicherer Gebiete“ sei; in Berlin wird oft willkürlich entschieden: Während ein Ehepartner zur Ausreise gezwungen wird, darf der andere bleiben.

Rot-grüne Länder schieben erst im April 1997 ab

Baden-Württemberg verlangt von Bosniern mit kroatischem Paß grundsätzlich die unverzügliche Ausreise, egal aus welcher Region sie tatsächlich kommen. Bosnier mit kroatischen Papieren werden jedoch im Entwurf des Rückführungsabkommens überhaupt nicht berücksichtigt. Ob sie wieder nach Hause dürfen oder in ein kroatisches Flüchtlingslager müssen, werden sie wahrscheinlich erst an der bosnischen Grenze erfahren.

Eindeutig gegen die sofortigen Ausweisungen äußerten sich nur die rot-grünen Landesregierungen in Hessen und Nordrhein-Westfalen. Dort sind die Ausländerbehörden angewiesen, vor April 1997 keine bosnischen Flüchtlinge abzuschieben. Clemens Heidel