■ Bekenntnisse des Intimfriseurs Robert S.: „Ich flechte gern kleine Bären ein“
Zu den üblichen Geschäftszeiten betreibt Robert Schott (28) das Haarstudio „Schnipp Schnapp“. Anschließend verdingt sich der Gelsenkirchener Haarkünstler als Intimfriseur. Thomas Meiser sprach mit ihm über haarige Angelegenheiten.
taz: Als Friseur sind Sie offensichtlich schon ganz oben und ganz unten gewesen.
Robert Schott: Das bestreite ich nicht. Und ich hab' diesen ehrbaren Beruf von der Pike auf gelernt, mehr als zehn Jahre übe ich das Handwerk nun schon aus, und demnächst bin ich sogar Meister. Aber untenrum habe ich den Dreh mittlerweile auch ganz gut raus. Obwohl das natürlich schwieriger ist, als irgendeiner Omma eine saure Welle zu verpassen.
Aber erst mußten Sie auf diese Unterleibsgeschichte kommen.
Das war Zufall. Mich hatte eine Frau angesprochen, die am Theater arbeitet. Ich habe mich dann überall umgehört und herausgefunden, was alles an Scheren, Rasierern, Cremes und Farben auch für Intimfrisuren geeignet ist. Denn es gibt ja kein spezielles Equipment für diesen Bereich. Generell verwende ich die sanftesten Mittelchen aus der Branche.
Trotzdem bleiben die Färbemittel ätzend scharf.
Wenn ich kurz mal den Fachmann raushängen lassen darf: Tatsächlich verwenden Frisiersalons zur Blondierung Wasserstoffsuperoxid-Lösungen von neun bis 18 Prozent. Nach meinen Erfahrungen aber lassen sich Schambehaarungen schon mit einer schwächeren Lösungskonzentration, nämlich von sechs Prozent, hinreichend blondieren.
So ist das also.
Genauso ist das. Und für das eigentliche Einfärben bevorzuge ich diese einzigartigen Neonfarben aus England. Diese Pasten benutzt jeder Punk: blau, grün, rot, blond, gelb in 33 Nuancen. Die tönen das Schamhaar nur, es werden also lediglich Farbpigmente darauf aufgetragen. Da dringt nix ein ins Haar, und da kann auch nix kaputtgehen.
Zurück zum Handwerk: Die Rasur eines Hodensacks dürfte ein delikates Problem darstellen.
Dafür nehme ich Enthaarungscreme. Zwar brennen dir dann für ein paar Minuten die Klöten, aber das ist wohl das kleinere Übel. Generell ist eine milde Creme, nur wenige Minuten aufgetragen, das optimale Mittel zur Entfernung überflüssiger Schamhaare. Denn wenn man mit der Maschine rasiert, kriegt man nicht alles weg. Da bleibt immer noch ein Punkt stehen, Länge dreiviertel Millimeter, das sieht nicht ganz sauber aus, fast wie ein Dreitagebart.
Was fällt dem Fachmann in Sachen Schamhaarmode ein?
Prinzipiell ist alles möglich. Die Konturen der Motive male ich mit Eyeliner vor, überflüssiges Haar wird entfernt, dann bringe ich alles auf eine Länge, blondiere das Ganze und färbe es wie gewünscht. Beispielsweise kommt doch jetzt die Vorweihnachtszeit: Wer also einen Tannenbaum haben will, dem rasiere ich den aus und färbe das grün, vielleicht mit ein paar Glocken dran. Ich flechte auch gern kleine Bären ein.
Woher nehmen Sie diese eigenartigen Ideen?
Du mußt natürlich auch ein bißchen pfiffig sein, denn Frisurenhefte gibt es noch nicht. Natürlich ist es sehr wichtig, auf die Kunden einzugehen und mit denen die Ideen zu entwickeln.
Also erst über alles reden?
Ganz wichtig. Du setzt dich ja bei mir nicht hin und läßt sofort die Hosen runter. Man trinkt was, versucht ein Gespräch aufzubauen, unterhält sich nett, entwickelt Vertrauen. Ich bin ja kein gynäkologischer Fließbandbetrieb, wo die Leute schon im Wartezimmer zittern.
Wer sucht überhaupt Ihre Praxis auf?
Also, gestern zum Beispiel war Julia da. Die war einfach nur neugierig. Wir haben gequatscht und herausgefunden, daß Julia sich in recht abgedrehten Szenen rumtreibt und welche Neigungen sie hat. Ich hab' ihr dann was Heißes frisiert: ein richtiges Flammenmeer in rot und blond.
Wann muß Julia zum Nachschneiden kommen?
Vom Schnitt her halten die Frisuren bis zu zwei Wochen, die Farbe maximal drei.
Und was kostet der Spaß?
Mit mindestens hundert Mark muß man schon rechnen. Für etwa vier Stunden Arbeit ist das auch nicht zu teuer. Meine Kosten sind damit im Prinzip gedeckt. Aber das ist auch eine Sache, die mir viel Spaß macht.
Wird das nicht auf Dauer langweilig, wenn das Arbeitsgebiet so eingeschränkt ist?
Es müssen ja nicht immer nur die Schamhaare sein. Bei diesen Affenmenschen kann man auch nette Muster ins Brusthaar rasieren. Oder auf den Rücken. Dann freuen sich auch die anderen Freibad- und Saunabesucher. So hat jeder was davon.
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