Nur die Kinder im Heim hatten manchmal Streit

■ Im Lübecker Prozeß gegen Safwan Eid sagten zum ersten Mal die Bewohner aus

Lübeck (taz )– Erster Tag gestern im Lübecker Brandprozeß, an dem die überlebenden Hausbewohner als Zeugen vernommen wurden: Bis Mitte Dezember soll sich beweisen, ob der Alltag im Flüchtlingsheim wirklich so konfliktfrei verlief, daß eine Täterschaft Safwan Eids – der mit seiner Familie knapp sechs Jahre an der Hafenstraße lebte – ausgeschlossen werden kann.

Aida Alias, syrische Asylbewerberin, die mit ihren drei Kindern in direkter Nachbarschaft zu drei Söhnen der Familie Eid im zweiten Obergeschoß des Hauses lebte, schloß größere Reibereien aus: „Unter den Erwachsenen war es gut, ich war mit den meisten Arabern befreundet, die Kinder haben manchmal Streit gehabt.“ Ebenso urteilte ihr Sohn, der 17jährige Schüler George Alias. Auch Rima Amine, Mitglied der Familie El- Omari, wußte nur von einer „normalen“ Nachbarschaft zu berichten. George Alias berichtete darüber hinaus von einem Vorfall, der sich drei Monate vor dem Brand ereignete. Damals sei vor das Büro der Heimleitung eine brennbare Flüssigkeit ausgekippt worden – dieses Indiz eines eventuell verfehlten Anschlages konnte aber nicht weiter erhellt werden.

Auffallendster Punkt zu Beginn der achten Verhandlungswoche war jedoch die – keineswegs harmlos gemeinte – Frage von Staatsanwalt Axel Bieler an Aida Alias, ob sie die „Gemeinsame Erklärung der Hausbewohner“ kenne. Sie schüttelte den Kopf. Erst nach kurzem Gespräch während einer Verhandlungspause mit der Hamburger Anwältin Ursula Erhardt wußte die Syrerin sich an ihre Unterschrift zu erinnern. Darin hatte sie vor zwei Wochen versichert, daß Safwan Eid unschuldig sei. Das Gericht nahm diese Differenz im Aussageverhalten ohne Reaktion zur Kenntnis.

Wichtiger noch ist, daß sich Mitte Oktober bei der Sonderkommission eine neue Zeugin gemeldet hat. Eine Krankenschwester aus dem Krankenhaus Priwall, in dem Safwan Eid sich nach dem Brand an seinen verbrannten Ohren behandeln ließ, sagte aus, daß sie Eid, den sie auf ihrer Station zur Pflege hatte, am Morgen nach dem Brand mit den Worten „Die war'n's“ vernommen habe. Bedeuten muß dies im Sinne der Verteidigung erst einmal wenig; erstens widersprach George Alias seiner früheren Aussage, daß Safwan Eid dies im Omnibus zum Hospital sagte („Ich wollte Safwan schützen“), und zweitens steht nach wie vor die Version des Zeugen Jens L. Der will von Safwan Eid im Rettungsbus ein „Wir war'n's“ gehört haben. Jan Feddersen