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: Reinecker goes East

„Gnadenlos – Zur Prostitution gezwungen“, Mo., 20 Uhr, Pro 7

Als Herbert Reinecker noch lebte, war es ja so: Kaum daß eine Schulkasse aus Prag mit dem Zug in Berlin einlief, legten die Eleven gleich ein flottes Volkstänzchen auf den Bahnsteig. So waren sie halt, die Tschechen. Heute, wo Herbert Reinecker noch lebt, ist auch jenes lustige Völkchen unverändert prima drauf. Meint zumindest Herbert Reinecker. Schade nur, daß unweit des Bahnsteigs inzwischen Spitzbuben lauern, die Jugendlichen Böses wollen. Wohinter heutzutage meist der Russe steckt. Oder doch zumindest schmierige Fischköppe, die auf Namen wie Beluga hören. Reinecker sieht das jedenfalls so.

Aha, Klischee! Nun ja, sicher doch. Aber auch nicht viel mehr als in all den anderen 08/15-TV- Krimis heutzutage. Von jenen Setzkasten-Typisierungen einmal abgesehen, entledigte sich Reineckers „Derrick“-Schreibmaschine ihres Abenteuertrips ohne Stefan und Harry über weite Strecken durchaus routiniert. Zumindest brachte er das Ganze ohne die befürchtete resp. erhoffte unfreiwillige Komik über die Bühne. Wobei er sich hinsichtlich des Plots allerdings auf gänzlich ausgelatschten Pfaden bewegte. Da waren die Mädchenhändler so aalglatt und skrupellos wie ihre Helfer Hintenschwänzchen-Träger.

Und da trottete in Gestalt von Günther Maria Halmer ein Kommissar durchs Geschehen, wie er heute immer wieder gern genommen wird: frustrierter Single im Trench, desillusioniert bis zum Zynismus und dem einen oder anderen Tropfen nicht abgeneigt. Ihm zur Seite Deborah Kaufmann als engagierte, idealistisch-naive Gehilfin. Daß die beiden sich am Ende schwerst mögen würden, war so vorhersehbar wie das Zurstreckebringen der Übeltäter. Regisseurin Gabi Kubach ließ sich auch nicht sonderlich viel einfallen, um dem Trott irgendwelche originellen Seiten abzugewinnen. Lediglich sobald es in die Natur ging, ließ sie durchblicken, daß sie C.D.- Friedrich-Bildbände besitzt.

So blieb das Spektakulärste letztlich das abgefeimte Pro 7- Kalkül in Sachen Werbung: Machten sich zwei Schurken in einer Brutalo-Sequenz gerade an ihrem Opfer zu schaffen, wackelte plötzlich Claudia Bertani durchs Bild und pries ihr Alk- Obst an. Ob Ferrero dieses Umfeld geschmeckt hat, wissen wir nicht. Onkel Herbert, wollen wir mal unterstellen, gewiß nicht. Reinhard Lüke