■ Loopback
: Das Internet im Hühnerstall

Das haben alle schon erlebt, Kolumnisten und Literaten, Doktoranden und Informanten: den Horror vacui, die Angst vor dem leeren Bildschirm, vor dem man voller Verzweiflung sitzt und vergeblich auf den entscheidenden Strom der Gedanken durch das Gehirn wartet, den dringlich es in Worte zu fassen und aufzuschreiben gilt. Aber er will einfach nicht fließen, der Bildschirm bleibt leer. Das taz-Makro meines Textprogramms schleudert mir ein verächtliches „Hier klicken und Text eingeben“ entgegen. Heute wird es vermutlich den Punkt nicht erreichen, an dem es nervig piepsen darf, wenn der Text die vorgegebene Länge zu überschreiten droht. Kein Wunder – heute gibt es nichts, was der kritischen Betrachtung wert wäre oder worüber sich aufzuregen lohnte.

Oder liegt es an mir? Bin ich schon so abgestumpft, daß ich nur noch müde abwinke, wenn mir jemand eine Internet-Geschichte erzählen will oder wenn ein heißer Newsflash über den Browser braust? Soll ich darüber schreiben, daß neulich die millionenfach verteilte Werbemail eines Sex-Anbieters den T-Online- Dienst völlig lahmgelegt hat? „Shit happens“ sagt ein amerikanisches Sprichwort, einfach so, und das ist noch nicht mal eine kurze Meldung wert. Aber angeblich soll es ja Zeitungen geben,

denen es acht Seiten wert ist, wenn einer länger Bundeskanzler ist als sein Großvater.

Das FBI fahndet schon seit langem mit Hilfe des Internets nach den „most wanted“. Nun fahndet auch das LKA Thüringen (http:// www.th-online.de/LKA/) nach Ramona und Franziska, zwei Mädchen, die verschwunden sind. Das ist ausnahmsweise mal was Sinnvolles – also wieder nichts, worüber ich mich aufregen könnte. Meine Lieblingsfeinde vielleicht, Microsoft und die Telekom. Die einen haben wieder mal eine fehlerbereinigte Version des „Internet Explorer“ herausgebracht, bei der wie beim letztenmal ein paar sicherheitsrelevante Macken ausgebügelt wurden. Die anderen haben „genügend Reserven“, die Online-Nutzungen machen nur 8 Prozent des Telefonverkehrs aus. In den USA sind es 15 Prozent, und Telefonkunden klagen immer häufiger über völlig überlastete Leitungen. Kein Wunder: Dort sind Ortsgespräche kostenlos, und der Internetanschluß ist vermutlich selbst im Hühnerstall eine Selbstverständlichkeit. Also muß das Telefonnetz mit 20 Milliarden Dollar ausgebaut werden. Aber hierzulande kaufen die Leute lieber wie die Hamster T-Aktien, statt mit massiven Protesten eine drastische Gebührensenkung zu bewirken. Aber das ist nun auch egal, gerade hat mein Makro gepiept.