Anti-Korruptions-Gesetz unter Beschuß

■ Jetzt fertiggestellter Gesetzentwurf soll im Dezember vom Senat verabschiedet werden. KritikerInnen befürchten Vermischung von Verwaltung, Polizei und Strafverfolgung. Datenschutz nicht gewährleistet

Gewerkschaften, Innenverwaltung und der Datenschutzbeauftragte kritisieren den jetzt fertiggestellten Entwurf für ein Anti-Korruptions-Gesetz der Justizsenatorin. Hauptkritikpunkte: Wenig Datenschutz, „Denunziationsaufforderung“ an MitarbeiterInnen des öffentlichen Dienstes und Vermischung von polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Kompetenzen. Das „Gesetz über die Errichtung einer Zentralen Erfassungs- und Koordinationsstelle zur Vorbeugung gegen Korruptionstaten in Berlin“ soll noch im Dezember vom Senat verabschiedet werden.

Nach der Vorlage von Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) soll eine Behörde eingerichtet werden, bei der jeder seinen Korruptionsverdacht angeben kann; MitarbeiterInnen von Landesbehörden müssen melden. Außerdem wird die Korruptionsstelle Dateien über die Verdachtsfälle anlegen und sie vor allem auch nach Abschluß ihrer Bearbeitung gespeichert lassen, „um besonders korruptionsgefährdete Bereiche der öffentlichen Verwaltung des Landes Berlin festzustellen“.

Die Innenverwaltung hat den Entwurf inzwischen gegengezeichnet, aber Vorbehalte formuliert: gegen die Meldepflicht, gegen die unkonkreten Befugnisse der Stelle und die ungenauen Angaben über die Speicherung von Daten. Auch die betroffenen Beamtengewerkschaften signalisieren alles andere als Wohlwollen. Die Gewerkschaft der Polizei lehnt die Vorlage ab. „Der Gesetzentwurf ist der Weg in die falsche Richtung“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Die Staatsanwaltschaft müsse entscheiden, ob ein Verdacht zu Ermittlungen führe, nicht eine Zwischenbehörde. Der stellvertretende GdP- Vorsitzender Peter Trapp: „Wir brauchen keinen Aktionismus, sondern erfolgreiche Konzepte.“

Die ÖTV streitet sich noch über die vorgesehene Meldepflicht: Die führe, so die GegnerInnen des Gesetzes in der ÖTV, zur Denunziationsanstiftung. Mit derselben Begründung hat auch der Berliner Beamtenbund die Initiative von Peschel-Gutzeit abgelehnt.

Renate Künast, justizpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus, nannte die geplante Stelle ein „Verdachtsfindungsarchiv“ und kritisierte die Vermischung von polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Kompetenzen. In dieselbe Kerbe schlägt die stellvertretende Datenschutzbeauftragte Claudia Schmid: „Nach dem Polizeigesetz ASOG ist die vorbeugende Verbrechensbekämpfung Sache der Polizei, und im ASOG ist dafür auch der Datenschutz geregelt, in dem Entwurf nicht.“ Bis zur Verabschiedung des Gesetzes sammelt jetzt schon die „Anti-Korruptions-Arbeitsgemeinschaft“ bei der Justizverwaltung Korruptionsfälle und entwickelt „Korruptionsraster“. Der Leiter der Arbeitsgruppe, Cornel Christoffel, ist entschlossen, den Weg weiterzugehen: „Die Probleme sehe ich durchaus“, sagte er, „aber wir haben uns für diese Alternative entschieden.“ Barbara Junge