■ Mit kalten Klimagipfeln auf du und du
: Eisberg gestartet

Berlin (AP/taz) – Ein gigantischer Eisberg ist vom Eis der Antarktis abgebrochen und driftet nach Westen. Australische Wissenschaftler haben die Entstehung des über 3.800 Quadratkilometer großen weißen Klotzes am Freitag mitgeteilt. Ein Forschungsschiff hatte den Berg entdeckt, der sich bereits im Mai vom West-Eisschelf gelöst hatte. Die Wände sind zwischen 30 und 50 Meter hoch; der Tiefgang wird auf rund 300 Meter geschätzt. Der Eisberg, der viermal so groß wie Berlin ist, könnte ein Fünftel des weltweiten Trinkwasserbedarfs für die kommenden 12 Monate decken.

Kurz nach dem Abbruch teilte sich die Eismasse in fünf oder sechs Bruchstücke, wie Neal Young vom Antarktis- Forschungszentrum im tasmanischen Hobart mitteilte. Das größte Teil ist 82 Kilometer lang und zwölf Kilometer breit. Es ist in der Nähe der Prydz-Bucht nahe der australischen Davis- Station auf Grund gelaufen. Die anderen Stücke treiben mit einer Geschwindigkeit von etwa fünf Kilometer am Tag westwärts. Nach Angaben der Eisforscher kann es mehr als zehn Jahre dauern, bis sie wärmeres Wasser erreichen und zu schmelzen beginnen.

„Dieser Eisberg ist in den vergangenen 50 Jahren am Schelfeis aus dem kontinentalen Eis gewachsen“, sagte Young. „Diese Ereignisse sind selten, aber nicht so selten, wie wir früher angenommen haben.“ In den vergangenen zwei Jahren seien mehr als 6.000 Quadratkilometer des West-Eisschelfs abgebrochen. Die australischen Forscher untersuchen die Bewegungen des antarktischen Eises in Hinblick auf den Treibhauseffekt. „Wir wissen nicht, ob dies ein Vorbote eines Klimawechsels ist“, sagte Young.

Im Februar 1995 hatte sich zuletzt ein größer Eisberg am Larsen-Schelf von der Antarktis gelöst. Der Bruch des rund 2.500 Quadratkilometer großen Brockens war von den Polarforschern nicht vorausgesehen worden und hatte einiges an Unruhe ausgelöst. David Vaugham vom British Arctic Survey erklärte damals, daß das Klima in der Antarktis sich deutlich erwärmt habe. „Offenbar hat diese Erwärmung jetzt Folgen.“

Auch früher hatten sich allerdings schon große Eisberge selbständig gemacht. Der größte bisher beobachtete Eisberg wurde 1956 von einem US- Schiff 240 Kilometer westlich der Scott-Insel im südlichen Pazifik gesichtet. Seine Fläche betrug mehr als 31.000 Quadratkilometer, er war 335 Kilometer lang und 97 Kilometer breit.