Augenverwirrende Schlichtheit

■ Junges Forum Musiktheater: „Le Roi Bérenger“ von Heinrich Sudermeister

Sechs Stühle, sechs Personen, das Stück, von ganz weit weg besehen, eine Art Reise nach Jerusalem mit einem Verlierer: Der König, er muß sterben. Le Roi Bérenger, eine Oper von Heinrich Sutermeister in deutscher Sprache nach Le Roi Se Meurt (Der König stirbt) von Eugène Ionesco, feierte am Freitag Premiere in der Hochschule für Musik und Theater. Mit diesem Stück, das 1985 in München uraufgeführt worden war, legte Regisseur Roland Schwab sein Diplomstück im Studiengang Musiktheater-Regie hin.

Des Königs (Marcus Theil) beiden Frauen plus Putzfrau, sein Arzt und sein Leibwächter drehen im Gleichschritt ihre Kreise, während er, zunächst mehr Hofnarr als Regent, eher weinerlich denn souverän, dann jedoch zunehmend bestürzt, den Trott durchbricht, an seinem Hofstaat jedoch abprallt.

Die vermeintlich Regierten reden allerdings ein ernstes Wörtchen mit ihm: Sein Reich ist zerrüttet, die Bevölkerung siech, nein, schon in Gänze gestorben, und eigentlich ist es auch für ihn Zeit zu gehen. „Du kannst dich jetzt hinsetzen“, sagt die Königin (Janina Baechle) am Ende zu ihm und läßt ihn mit den Stühlen allein.

Getragen werden schwarze Anzüge, weiße Hemden und Sonnenbrillen. Der Bühnenraum ist so weiß und ausgestrahlt, daß gleich einer optischen Täuschung flimmernde Rahmen um die Figuren, Nachbilder auf der weißen Gaze des Hintergrunds entstehen. Einzig die Chips-Tüte, über die, achtlos auf die Erde geworfen, zunächst sorgfältig gestiegen wird, ist netterweise rot. Ist es ein Wunder, daß bei solch augenverwirrender Schlichtheit auf der Stelle auch die Blues Brothers und Quentin Tarantinos Reservoir Dogs die Bühne zu bevölkern scheinen und der um Interpretation bemühte Verstand zwischen gelungener Fielmann- oder Knabberwaren-Werbung und der Eisbärkopf-Szene aus Dinner For One hin- und herspringt? Sowohl die Komik als auch die Dichtheit der Inszenierung lassen jedoch nach. Der Wiederholungseffekt des bestuhlten Marsches hat bald genug „Gleichförmigkeit“ und „Vereinsamung“ bedeutet. Allein der Text verspricht noch Abwechslung. Den Worten zu folgen wird allerdings zunehmend schwerer, obwohl das Orchester dem Sprechgesang der Akteure nur assistiert.Dies soll der Komponist durchaus beabsichtigt haben, heißt es im Begleitmaterial, und das ist schade. Die Musik, klassisch mit kleinem Orchester besetzt, fließt modern und manchmal dissonant, aber nicht hysterisch, ist spannend und niemals kitschig, und deswegen verdient sie mehr, als nur die Tupfer zur Stimmodulation zu malen.

Ulrike Winkelmann

19., 22., 24., 25., 26. November, jeweils 20 Uhr, Forum der Hochschule für Musik und Theater