Phantasie soll Werner Seelenbinder ablösen

■ BVV Prenzlberg will Turnhalle nach dem Antifaschisten benennen. Senat bockt

Die Sache schien abgehakt. Die Prenzlberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sprach sich am 23. Oktober dafür aus, der neuen Radsporthalle an der Landsberger Allee den Namen Werner Seelenbinders zu geben. Von Karl Hennig (CDU) bis Günter Bärwolff (PDS) herrschte Einigkeit. Der eine sagte: „Wir sind für den Namen Seelenbinder, wir würdigen damit dessen antifaschistisches Erbe.“ Der andere fügte hinzu: „Mit dem Ringkämpfer Werner Seelenbinder wird der aktive Widerstand gegen die Nazidiktatur zum Ausdruck gebracht.“

Während die Bezirksverordneten mit großer Mehrheit die Pro- Seelenbinder-Empfehlung an die Senatssportverwaltung weitergab, verschickte diese eine Woche später einen Brief. Es werde einen öffentlichen Ideenwettbewerb zur Namensfindung geben, lautete die Mitteilung, die unter anderem an Bezirksbürgermeister Reinhard Kraetzer ging. Die Überraschung war groß. Doch Sportsprecher Wolfgang Zügel gab bekannt, daß es keineswegs eine kurzfristige Reaktion auf den BVV-Beschluß sei. Vielmehr sei die Idee schon im Sommer „angedacht“ worden. Mit Hilfe einer Berliner Zeitung und des Fernsehsenders B1 solle nicht nur ein Name für die neue Radsporthalle gefunden werden, sondern gleich einer für das gesamte Areal an der Landsberger Allee. Seit gestern läuft der Ideenwettbewerb. Das sei eine gute Möglichkeit, so Zügel, alle Berliner in die Namensgebung einzubeziehen: „Er kostet schließlich nichts.“

Daß der Name Werner Seelenbinder der Senatsverwaltung nicht genehm ist, „das könnte man vermuten“, sagt BVV-Vorsteher Günter Bärwolff (PDS). „Man hätte doch ganz einfach dem Willen der BVV Rechnung tragen können.“ Zügel allerdings meint: „Wir wollten den alten Namen (schon zu DDR-Zeiten trug eine Sporthalle an gleicher Stelle den Namen Werner Seelenbinders; d.R.) nicht einfach übernehmen.“ Statt dessen erwartet sich die Schul- und Sportsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) von dem Ideenwettbewerb „viele phantasievolle Vorschläge“.

In einer Ältestenratssitzung informierte Bezirksbürgermeister Kraetzer letzte Woche die Anwesenden von dem Ideenwettbewerb. „Wir haben vorher nichts gewußt“, bestätigt Günter Bärwolff und spekuliert: „Wenn der Wettbewerb wirklich schon im Sommer angedacht wurde, dann wäre doch die Diskussion in der BVV anders verlaufen.“

Am 9. Dezember soll eine Jury die Halle taufen. Jens Rübsam