■ Vorlauf
: Schöner als Sex

„Todespioniere“, 22.15 Uhr, Südwest III

Schon mal tot gewesen? Nein? Auch nicht schlimm. Denn Rainer Langhans und Christa Ritter nehmen uns mit auf den Trip ins Jenseits. Aber schön der Reihe nach.

Zur Einführung wohnen wir dem alternativen Begräbnis mit 99 Luftballons und Reinhard Mey bei, das der Ex-Kommunarde authentisch aus Radieschenperspektive filmt. Anschließend geht's mit der Handycam zum Leichenschmaus, wo sich die schmatzende Verwandtschaft über so manch frühes Ableben in den eigenen Reihen wundert: „Dabei hat sie sich letzte Woche noch so schick gemacht.“ Tja.

Da tun sich die Raver leichter. Für sie ist der Selbstmord eines Freundes schnell aufgeklärt: Die Medien sind schuld. Die Bilderschnipsel von der letzten Love Parade verschneidet Langhans mit der Kennerschaft einer Generation, die sich durch Amphetamine zumindest in Nah-Gehirntod-Zustände zu bringen pflegt.

Überhaupt scheint das Sterben einem einzigen großen Ecstasy- Trip zu gleichen: Alles so schön warm und geborgen hier. Dazu viel Licht und Weite, sagen zumindest jene, die bei der letzten Darmspiegelung einfach mit durchgeflutscht sind („Tunnelerlebnis“) und im Fast-Jenseits wieder herauskamen. Und – wer hätte das nicht gedacht – wer einmal im Grenzbereich zwischen Leben und Tod war, lebt intensiver, hält Geld nicht mehr für das Maß aller Dinge und hat am Sex keinen rechten Spaß mehr. Will man so sein?

Langhans schon. Doch wie bloß kommen wir Normalsterblichen ins astrale Psi-Reich? Müssen wir tatsächlich erst kollektiv in die ökologische Katastrophe schlittern, wie es Langhans, geil auf Apokalypse, prophezeit? Der Film weiß auch nicht weiter und wiederholt statt dessen die Kette der Erleuchtungsindizien, zoomt sich ganz nah an die irgendwie weisen Blicke heran, während Langhans zustimmend im Hintergrund herumwuselt und im Unterhemd schwer auf WG-Schamane macht.

Dabei sangen schon die Bots: Alle, die nicht tot sind, sollen aufstehen oder so ähnlich. Und alle, die ihr gesammeltes Rohmaterial schon für einen Film halten, sollten lieber aufhören. Oliver Gehrs