Unschöne Leichen

■ Eine Reportage über Bestatter dokumentiert den „letzten Dienst am Menschen“ (Sonntag, 21.30 Uhr, Bayern3)

So sicher, wie dereinst der Sensenmann kommt, so sicher holen Fernsehen und Zeitschriften jedes Jahr im November das gute alte Depri-Thema „Bestattung“ aus der Kiste. Auch diesen Sonntag soll der rituelle Blick auf ein Gewerbe nicht fehlen, dessen Existenz in sonnigeren Monaten allzu gern übersehen wird.

Der Jahreszeit entsprechend gestaltet sich die Angelegenheit wieder einmal recht trüb – aber es geht ja auch auf deutschen Friedhöfen immer noch verhältnismäßig traurig zu: Während man in den USA mittlerweile per Raketenurne in den Himmel kommt, gelten auf hiesigen Gottesäckern schon Teelichter (oder Luftballons) als Extravaganz. Doch die Reformfeindlichkeit der Branche ist für die Autorin Martina Elbert kein Thema. Genauso wenig wie die Halbierung des Sterbegeldes, die immer mehr Menschen dazu zwingt, sich anonym und in billigen Kisten verscharren zu lassen.

Statt dessen bemüht sich die halbstündige Reportage krampfhaft, dem Sujet die Schwere zu nehmen und rutscht dadurch allzu oft ins Banale ab. So geht's vom Altersheim direkt ins Krematorium, wo ein Hilfsarbeiter schmunzelnd in der Kiste mit den eisernen Hüftgelenken kramt, während der klägliche Rest weiter in die Knochenmühle wandert. Ähnlich oberflächlich werden auch die anderen Jobs rund um die Leiche abgehakt: Die Sargfabrikantin darf ein wenig am essbaren Füllmaterial knabbern und der Leichenkosmetiker kurz über das unschöne Frankenstein-Image klagen. Kein Wort hingegen von den eigentlichen Problemen der Bestattungsbranche: Die psychische Belastung, die viele nur volltrunken ertragen, die fehlende therapeutische Ausbildung und die Notwendigkeit, sich auf eine neue Klientel einzustellen. Denn vielen Aidskranken ist die profane Entsorgung in Eiche-natur ein Graus.

Auch der eigentliche Skandal wird nur am Rande vermerkt: Standhaft verweigern sich die alteingesessenen Betriebe der Anerkennung als Lehrberuf, um sich die jüngere Konkurrenz vom Leib zu halten. Ein Gewerbeschein reicht immer noch aus, um mit dem Tod Geschäfte zu machen.

Allein der Schluß vermag ein wenig mit dem biederen Stück zu versöhnen. Da steht ein schwermütiger Totengräber an der frisch ausgehobenen Grube und sinniert über den eigenen Tod: „Irgendwann landet man 1,80 Meter unter der Erde, und das war's.“ Oliver Gehrs