Sunblocker statt Ozonpolitik

Diplomaten streiten beim Ozongipfel in San José ums Geld. Derweil werden im Süden mehr Ozonkiller produziert, der Schmuggel blüht  ■ Von H.-J. Tenhagen

Berlin (taz) – Wenn's ums Geld geht, wird es richtig schwierig im internationalen Umweltschutz. In San José streiten sich die Industrie- und Entwicklungsländer seit Montag, wer in den kommenden drei Jahren für den Schutz der Ozonschicht wieviel Geld aufbringen muß. Der Fonds, den die Industrieländer vertragsgemäß den Entwicklungsländern zur Verfügung stellen, ist leer und muß für die nächsten drei Jahre aufgefüllt werden.

„Die EU möchte den Fonds auf 496 Millionen Dollar aufstocken“, so Heinrich Kraus vom Bundesumweltministerium. Mit dem Geld soll in Entwicklungsländern der Verzicht auf Ozonkiller erkauft werden. „Wenn alles Geld ausgezahlt wird, werden die Entwicklungsländer in den kommenden drei Jahren dann 21.000 Tonnen weniger FCKW produzieren“, erklärt der Diplomat am Telefon aus San José.

Das ist wenig, eigentlich viel zuwenig. Die Entwicklungsländer selbst hatten angeboten, ihren Verbrauch wesentlich stärker, nämlich um 45.000 Tonnen, zurückzufahren. Doch sie wollten auch mehr Geld vom reichen Norden, nämlich 851 Millionen Dollar. Das hatte nicht nur die EU abgelehnt. Kraus zur Begründung: „Wir haben vom Haushaltsausschuß des Bundestages die Genehmigung, uns an einer maßvollen Erhöhung gemeinsam mit den andern EU-Staaten zu beteiligen.“ Von 1994 bis 1996 waren nur 455 Millionen Dollar geflossen.

Hinter dem Streit ums Geld steht die fundamentale Frage, wie der Austieg der Entwicklungsländer aus der Produktion und dem Konsum der FCKW schneller als bisher geplant erreicht werden kann. Bislang produzieren Länder wie China und Indien nämlich noch jedes Jahr mehr von den ozonzerstörenden Substanzen. Und die Verminderung, die sie für Gelder aus dem Fonds versprechen, messen sich nicht etwa an der heutigen Jahresproduktion, sondern an der weit höheren Produktion, die sie für die kommenden Jahre geplant haben.

Die 37 Umweltorganisationen, die die Konferenz der 150 Staaten in San José beobachten, finden den Umgang der Diplomaten mit dem lebensbedrohenden Gefahr des Ozonlochs unverständlich. Obwohl das Ozonloch über der Antarktis schon im vierten Jahr hintereinander rapide gewachsen sei, verliere der Kampf gegen die Ozonkiller deutlich an Elan. Und dafür sei nicht nur der Streit um die Produktion der klassischen Ozonkiller in Entwicklungsländern verantwortlich. Die Industrieländer müßten auch so schnell wie möglich aus den anderen ozonzerstörenden Substanzen wie Methylbromid aussteigen. Vor allem aber dürfen mit dem knappen Geld aus dem Fonds „nicht überflüssige Ersatztechnologien der Chemieindustrie bezahlt werden. Die sind immer noch umweltschädlich und eine technologische Katastrophe“, erklärte Emiliano Ezcurra von Greenpeace Argentinien.

Die britische Environmental Investigation Agency (EIA) untermauerte die schlechte Bilanz der Industrieländer in der vergangenen Woche. In einem zwölfseitigen Arbeitspapier hatten die Umweltschützer Informationen über den Schmuggel mit Ozonkillern zusammengetragen. Ein Beispiel: Rußland, das laut Vertrag eigentlich zum Jahresende 1995 aus der Produktion der FCKW hätte aussteigen müssen, werde in diesem Jahr 57.000 Tonnen der Ozonkiller produzieren und sei die Quelle beim größten Teil des boomenden Schmuggels mit FCKW. Und vor allem die EU-Staaten „setzen das Verbot des FCKW-Schmuggels lax oder gar nicht durch“. Bis zu 15.000 Tonnen der Ozonkiller kämen jährlich illegal in die EU. Und Spanien habe noch nicht einmal ein Gesetz, daß diesen Schmuggel unter Strafe stellt.