Kranke Gummiarbeiter kriegen fast 100 Prozent

■ Abschluß in der Kautschukindustrie: Bei Krankheit wird in Maßen beim Urlaubsgeld gekürzt. Metallarbeitgeber hoffen noch auf Verhandlungslösung

Berlin (dpa/taz) – Erstmals ist in einem westdeutschen Industriezweig die volle Lohnfortzahlung bei Krankheit auch für die nächsten Jahre im Grundsatz abgesichert worden. Arbeitgeber und Gewerkschaften einigten sich für die rund 24.000 Beschäftigten der Kautschukindustrie in den alten Ländern darauf, an der vollen Lohnfortzahlung bis zum Jahre 2003 festzuhalten. Zum Ausgleich wird allerdings bei Krankheit das Urlaubsgeld um 35 Mark pro Fehltag und bis zu maximal 350 Mark im Jahr gekürzt.

Die Tarifparteien in der Kautschukbranche vereinbarten außerdem einen neuen Lohn- und Gehaltstarifvertrag, wonach die Beschäftigten vom 1. Juli 1997 an 1,7 Prozent mehr Geld erhalten.

IG-Chemie-Verhandlungsführer Hans Terbrack zeigte sich sehr zufrieden über den Abschluß in der Kautschukindustrie. Auch für die Chemiebranche halte die Gewerkschaft an der vollen Lohnfortzahlung fest. Dort gehen die Verhandlungen am 5. Dezember in Hannover in die zweite Runde.

Trotz drei gescheiterter Anläufe hofft auch der Arbeitgeberverband Gesamtmetall noch auf eine Paketlösung für den festgefahrenen Metalltarifkonflikt. Um den Streit über die Lohnfortzahlung bei Krankheit zu entschärfen, werde weiter nach einem bundesweit übertragbaren Abschluß gesucht, sagte Gesamtmetall-Präsident Werner Stumpfe gestern. Er warnte die IG Metall vor einer Verschärfung des Konflikts. Eine einheitliche Regelung der Lohnfortzahlung in der Metall- und Elektroindustrie sei „auf dem Weg des Konfliktes nicht mehr zu erreichen“.

Nach Gesprächen auf Spitzenebene und in Baden-Württemberg war am Dienstag ein Pilotabschluß für 3,2 Millionen Metaller gescheitert. Das in Düsseldorf von den Arbeitgebern abgelehnte Modell hätte den Metallern die volle Lohnfortzahlung sowie Einkommenserhöhungen von 1,5 und 2,5 Prozent für 1997 und 1998 gesichert. Dafür sollte das Weihnachtsgeld, das bisher 60 Prozent eines Monatslohns beträgt, an den Krankenstand gekoppelt und zwischen 50 und 65 Prozent schwanken können.

Unterdessen hat die bayerische IG Metall den Arbeitgebern erneut mit einem Streik für den Erhalt der vollen Lohnfortzahlung gedroht. Bezirksleiter Werner Neugebauer nannte Anfang März als wahrscheinlichen Termin für den Streikbeginn. Die Arbeitgeber reagierten mit Unverständnis darauf. Schließlich werde im Dezember und Januar noch verhandelt.