■ Vorschlag
: Macht-Werke: Kasernenkunst von Kohler und Schilling

Sonst trifft man sie eher in einer ehemaligen NVA-Kaserne bei Groß Glienicke, nahe Potsdam. An diesem geschichtsträchtigen Ort, der auf die Reichswehr zurückgeht und auch von den Nazis belegt wurde, haben Eva Kohler und Bettina Schilling seit vier Jahren ihr Atelier. Nicht um in irgendeinem Atelier zu arbeiten, sondern weil Macht und Gewalt das Thema ihrer künstlerischen Auseinandersetzung war und ist. Zur Zeit kann man ihre Werke aber auch in der Guardini-Stiftung in Kreuzberg sehen, die 1994/95 mit der Ausstellung „Der Riß im Raum“ von sich reden gemacht hat.

Bettina Schilling und Eva Kohler haben die Räume hier auf eine Art und Weise verwandelt, die im ersten Moment sprachlos macht: ausgeschnittene, unterschiedlich große Körperteile und –rümpfe, über die Wände und die Decke verteilt, Gliedmaßen, die miteinander kämpfen, abstürzen und sich – auch sexuell – Gewalt antun. Ein Arm mit geballter Faust bohrt in das Gesicht eines Oberkörpers mit Kopf. Eine ganze Figur fällt keilförmig wie ein Turmspringer in die Tiefe. Zwei zueinander gerollte Köpfe schweben mit leeren Augen und offenem Mund in luftiger Höhe.

Der Besucher muß sich schon verrenken, um auch die aus Kork geschnittenen, farblich reduzierten „Fragmente“ ganz oben zu sehen. Bettina Schilling kommt von der Malerei, hat sich aber längst vom herkömmlichen Bildgrund gelöst. In anderen Situationen arbeitet sie auch mit Fußboden. Die langen transparenten Stoffe von Eva Kohler nebenan erinnern an Totempfähle. Über zwei Meter lang hängen sie – mit Abstand zur Wand – von der Decke und setzen sich aus abstrahierten Körpern und Zeichen zusammen. Der serielle Charakter der in Schwarz und dunklen Brauntönen gehaltenen Arbeiten ermöglichte es schon, daß sie, in zwanzig- und dreißigfacher Ausführung, Räume von 1.000 Quadratmetern ausfüllten. So zum Beispiel anläßlich einer Ausstellung in der Kaserne, wo Eva Kohler eine ganze Panzerhalle belebte. An Nylonschnüren aufgereiht, nahmen die Streifen das Spiel mit dem Sonnenlicht auf und gaben es an den Fußboden weiter.

Doch der Effekt kann, je nach Anordnung und Beleuchtung, ganz verschieden sein. In der Panzerhalle, in Reih und Glied aufgehängt, wurden die Objekte zur militärischen Einheit. Einzeln in einer Nische ausgestellt, wie hier in der Guardini-Stiftung, findet man sich vor einem archaischen Kultbild wieder. Cornelia Gerner

Bis 15.1., Mo-Fr 10-15 Uhr, Guardini-Stiftung, Tempelhofer Ufer 22, Kreuzberg