Prima für Kirch

■ Die ARD sondiert die Chancen für ein Pay-TV als privater Programmverwerter

Endlich Konkurrenz für Kirch: Seit die mächtige Bertelsmann AG im September angesichts der Kirchschen Übermacht sein Projekt Club RTL einstellte, wurde händeringend danach gerufen. Würde die Telekom möglicherweise... gar die Amerikaner...? Man könne, gab Hans Hege, Direktor der Berliner Medienanstalt, zu Protokoll, die Kirch-Konkurrenz ja schließlich nicht selbst erfinden. Sogar Kirch selbst schien nicht mehr ganz glücklich mit dem üblen Ruch des Monopolisten zu sein: Man wolle ja Wettbewerb, so dessen Bezahl-TV-Verweser Gottfried Zmeck, aber wenn kein Wettbewerber käme...

Nun ist einer da: Die Düsseldorfer Firma „Prima Fernsehen“ hat bei der dortigen Medienanstalt die Zulassung von zwei Bouquets mit 24 Programmen beantragt. Mitte 1997 soll's losgehen, mit der Telekom habe man bereits über die Kabelverbreitung gesprochen, mit US-Studios (wie Spielbergs „Dreamworks“) über Filmrechte und Beteiligungen. Doch hinter „Prima“ steht kein TV-Konzern und keine Telekom, sondern ein Mann aus der ARD: „Prima“-Geschäftsführer Horst Vetter ist in gleicher Funktion beim Münchner „Telepool“, einer Filmhandelsfirma von BR, MDR, SDR, SWF und des Schweizer Rundfunks tätig.

Die ARD reicht ihre Programme weiter

Der Mann habe halt Kontakte in den USA, erklärte Intendant Scharf seinem Rundfunkrat auf Nachfrage. Die ARD habe die Chancen eines Pay-TVs mal „sondieren“ wollen.

Das Problem: Die Öffentlich- Rechtlichen dürfen gar kein Pay-TV veranstalten. Wer von Gebühren lebt und jährlich zehn Milliarden Mark kassiert, darf nicht noch ein zweites Mal verdienen, auch nicht für Extraangebote. Gegner des Verbots führen an, in Zeiten explodierender Programmrechtekosten könnten auch Gebührensender nur noch an interessanten Inhalten teilhaben, wenn sie sie mehrfach verwerteten. Und wer, wie das ZDF, eigenes Programmaterial über Kirchs Abonnements-TV verwerten lassen wolle, nähre nur die Natter an der Brust.

Scheinkonkurrenz vom Kirch-nahen BR?

Daher hatte WDR-Intendant Fritz Pleitgen schon im Juni öffentlich skizziert, wie man das Verbot umgehen kann – und Scharf wiederholte es auf den Münchner Medientagen: Man reiche seine Programme an einen anderen Veranstalter weiter, der sie dann unter der ARD-Marke im Abo-TV sende – so weit, so prima. Allerdings waren die „Telepool“ und die sie tragenden Anstalten bislang nicht eben durch den Willen aufgefallen, Kirchschen Monopolen Paroli zu bieten, sondern durch enge Geschäfte mit ihm. Als „Prima“ nun durch eine Indiskretion öffentlich wurde, blieb dann auch der große Aufschrei aus den Staatskanzleien in München und Dresden aus, wo man der ARD zum Wohle Kirchs am liebsten alles außer Schulfunk untersagen würde. Im Gegenteil: Über derlei Dinge solle man im Rundfunkrat nicht diskutieren, beschied das Mitglied Alois Glück, CSU-Fraktionschef: „Wir sind nicht die Unternehmensleitung.“

Eine bequemere Konkurrenz könnte sich Leo Kirch kaum wünschen. Zudem soll auch noch Wolf Feller für die Firma aufgetreten sein; der ehemalige CSU-TV-Direktor des BR gilt vielen als „Kirch-Mann“. „Mich beschleicht da ein Verdacht“, gesteht Medienwächter Hans Hege: Wenn „Scheinkonkurrenzen“ aufgebaut würden, sei ihm „das klare Monopol lieber“. Lutz Meier