Der Laubfrosch war im Prinzip eine Zitrone

■ Opel hat Erfahrungen mit Plagiatsprozessen: Das erfolgreichste Auto der Weimarer Republik, der Kleinwagen von Opel, war eine komplette Kopie des französischen Citroän

Die Frage, wann wie wo welche Kiste mit was für Blaupausen José López bei GM/Opel mitgehen ließ und wie, wann und ob überhaupt sein neuer Arbeitgeber VW die Betriebsgeheimnisse ausbeutete, wird schwer zu klären sein. Früher war das einfacher, die Kunst des Abkupferns solide Ingenieursarbeit, die auch deutsche Richter beeindruckte. Gerade die Firma Opel in Rüsselsheim hat ganz besondere Erfahrungen auf diesem Gebiet vorzuweisen.

So ist es unbestritten, daß der Kleinwagen 4/12 PS, den Opel 1924/25 – damals gehörte die Firma noch den Söhnen Fritz und Wilhelm von Opel – mit großem Erfolg produzierte, in allen Einzelheiten dem französischen Citroän 5CV ähnelte wie ein Ei dem anderen. „Sie nahmen den Wagen restlos auseinander, dann wurden alle seine Teile in eine Reihe gelegt und nacheinander wieder zusammengesetzt“, zitiert die Automobilzeitschrift Motor-Kritik 1928 einen Schlossermeister. Er war also eine komplette Kopie, unterschied sich allerdings von dem seit 1922 am Fließband hergestelltem Original in zwei Details. Der Opel- Zweisitzer war grün, der 5CV zitronengelb. Er hieß deshalb „Laubfrosch“ und nicht „Zitrone“. Und er trug auf dem Kühler das Firmenemblem „O“ wie Opel und nicht „C“ wie Citroän.

Diese beiden Unterschiede reichten 1926 dem Berliner Landgericht und in einem Revisionsprozeß 1927 vor dem Berliner Kammergericht, um die Plagiatsklage von Citroän abzuschmettern. Die Richter entschieden aufgrund eines Gutachtens von Professor Bernd von der Technischen Hochschule Darmstadt – der ein Freund der Familie Opel war –, daß der Laubfrosch deshalb mitnichten ein „sklavischer Nachbau“ der Zitrone war. Ein „sklavischer Nachbau“ wäre nur dann „unerlaubt“ oder „sittenwidrig“, so die Freispruchsbegründung des Kammergerichts vom 27. Juni 1927, wenn der „Nachbauer entweder den Vorbildner im Preis unterbiete“ oder das „Publikum über die Herkunft seines Erzeugnisses irreführe“. Beides tat Opel nicht.

Denn daß der Laubfrosch eigentlich eine Zitrone war, war im französisch besetzten Rheinland, zu dem Rüsselsheim damals gehörte, ein offenes Geheimnis. Das Original nicht zu kaufen war nationale Pflicht. Billiger als das Original wurde der Laubfrosch erst, als es Opel glückte, den Wagen ebenfalls am Fließband herzustellen. Nach dem Plagiatsprozeß wurde er leicht verändert und bis 1931 über 120.000mal verkauft. Mit einem Marktanteil von über 20 Prozent war Opel der erfolgreichste Automobilproduzent Deutschlands. Anita Kugler