Schläfriger Mozart im Schattenspiel

■ „Die Zauberflöte“ als asiatisches Figurenspiel im Theater „Satyricon“

Der uralte Mythos von zwei Liebenden, deren Zuneigung auf harte Proben gestellt wird, bis sie sich schließlich sehnsüchtig und geläutert in die Arme fallen können – dieser Mythos durchzieht sowohl die Welt der Opern als auch die Geschichten der chinesischen Schattenspieler. Mit gutem Grund wagte sich das Theater „Satyricon“ deshalb an eine Synthese der beiden so unterschiedlichen Theaterformen. Dramaturgisch unterstützt von der Schweizer Sängerin Jolanda Rodio brachte der Figurenspieler Stefan Berthold am Freitag eine szenische Synthese von Mozarts „Zauberflöte“ und Schattenspiel heraus.

Die Bühne transparent und von hinten beleuchtet. Zur Ouvertüre läßt Berthold zwei chinesische Masken tanzen, deren Gesichter sich ineinander verschieben und mal heiter und mal böse wirken. Ein hübscher Einfall das, doch dann fängt die Oper richtig an. Zu Bertholds Schattenspiel erklingen Arien und Opernauszüge vom Band. Ergänzt wird das Ganze durch den Schauspieler Hermann Book, der als Mozart an einem Tisch sitzt und sich bei Kerzenlicht und Wein dreimal zu Wort meldet.

Auf der Schattenspielerbühne läßt Berthold durch den Wechsel von Schatten und Licht immer neue Landschaften und poetische Bilder entstehen. Witzig der Auftritt von Prinz Tamino. Verfolgt von einer Schlange, fegt die Figur über die Bühne. Und als aus der Musikanlage die Arie „Zur Hilfe, rette mich“ ertönt, gibt es die ersten Schmunzler im Publikum. Beeindruckend Bertholds Idee für die Königin der Nacht: Mit ihrem Doppelgesicht und den Armen, die ihr nach und nach aus dem Körper wachsen, gelingt eine schöne und symbolträchtige Umsetzung dieser zwiespältigen Opernfigur.

Trotzdem erschöpft sich die Faszination der chinesischen Masken bald. Und die Komik, die aus der Verbindung zwischen den kleinen, filigranen Figuren und der dramatischen Musik entsteht, wirkt erst unfreiwillig und verebbt dann ganz. Auch Hermann Books Mozart kann die Spannung nicht halten. Im Gegenteil: Der bei Kerzenlicht und Wein schreibende und über sein Stück philosophierende Mozart wirkt müde und fad. Während seine Figuren weiter ihr Eigenleben bei Licht und Schatten entwickeln, schläft dieser Mozart sogar ein, und das Publikum läuft Gefahr, ihm zu folgen.

Denn der Anspruch von Stefan Berthold, die Oper in „ganz neuer Weise erlebbar“ zu machen, erscheint angesichts der Umsetzung auf der drei mal drei Meter großen Schattenspielbühne zu hoch gehängt. Die Inszenierung wirkt bald langatmig – und das, obwohl die Oper bereits auf 100 Minuten reduziert wurde. Reduziert blieb am Premierenabend leider auch die Möglichkeit, sich einfach nur der Musik Mozarts hinzugeben: Die Musikanlage war zu leise eingestellt. Das zumindest, so versprachen die Theaterleute vom Satyricon entschuldigend, wird bei den kommenden Vorstellungen garantiert nicht mehr vorkommen.

Beate Hoffmann

„Die Zauberflöte – Schattentheater nach der Oper von W.A. Mozart“ im Theater „Satyricon“ am 1.12; 5.- 8.12.; um 20.30 Uhr