Erwachsenenschule flügge

■ Institut für Erwachsenenbildung wird selbständig / Schulgeld ade

Als der Leiter der staatlichen Erwachsenenschule, Henner Lübkemann, gestern den „Schulversuch Institut für Erwachenenbildung in der Erwachsenenschule Bremen“ eröffnete, schepperte es neben ihm gehörig: Das große Transparent des „Instituts für Erwachsenenbildung“ (ife), der selbstverwalteten Schule für den zweiten Bildungsweg, fiel krachend in sich zusammen. Allseitiges Gelächter und der Kommentar: „Das paßt ja wie bestellt, ist aber hoffentlich kein böses Omen“ machte die Runde unter SchülerInnen und LehrerInnen. Seit August 1996 nämlich ist das in Selbstverwaltung entstandene Schulprojekt ife eine Abteilung der Erwachsenenschule. Für die LehrerInnen bedeutet das (zum größten Teil) feste Arbeitsverträge und für die SchülerInnen entfällt das bisherige monatliche Schulgeld von 195 Mark, mit dem sich das ife finanzieren mußte. In der Erwachsenenschule können Erwachsene ihren Hauptschul- und Realschulabschluß nachholen, oder das Abitur machen. Beim ife können sich SchülerInnen, die über den zweiten Bildungsweg kommen, auf das Abi tur vorbereiten: in Selbstverwaltung und ohne Noten. Das ist, im Unterschied zur Erwachsenenschule, das Besondere am ife-Konzept. 1980, gründeten arbeitslose LehrerInnen den ife-Verein. Sie wollten damit ein alternatives Modell zur konventionellen Erwachsenenbildung schaffen und – nicht zuletzt – Arbeitsplätze für LehrerInnen. Was folgte, war ein langer Kampf mit den Behörden um die Anerkennung, doch auch ein Prozess vor dem Verwaltungsgericht konnte die Ablehnung im Sommer 1984 nicht verhindern. Schließlich lenkte die Bildungsbehörde überraschend ein, und im Mai 1986 nahm der erste Jahrgang den Unterricht auf. Die Abschlußprüfungen in acht Fächern, so lautete die Bedingung der Behörde, müssen nach den Bestimmungen des Senators für Bildung von den LehrerInnen der Erwachsenenschule abgenommen werden. Seitdem haben rund 290 SchülerInnen das ife-Abitur geschafft, berichten die Lehrkräfte, die außerdem stolz auf ihr Konzept der Selbstverwaltung sind. Nachdem die Finanzierung über das Schulgeld in den letzten Jahren immer schwieriger wurde, die ABM-Stellen für die LehrerInnen rar wurden und die meisten ife-Lehrkräfte auf Honorarbasis arbeiten mußten, beantragten die ife-Leute eine Anerkennung als geförderte Privatschule. Aber die Behörde war dagegen.

Wird nun aus einem alternativen und mittlerweile bekannten Projekt ein „Anhängsel“ der staatlichen Erwachsenenschule? „Nein, so sehen wir das nicht“, sagt ife-Lehrer Rainer Sandermeier.

„Aber das ife wäre so nicht mehr zu halten gewesen und deshalb sind wir bereit, den Preis zu zahlen, die Abteilung vier der Erwachsenenschule zu sein.“ Ein Preis, der ihm bis jetzt noch nicht zu hoch erscheint, denn „wir sind eine eigene Abteilung, die immer noch selbstverwaltet arbeitet und am Prinzip der Gleichberechtigung von Lehrern und Schülern festhält.“ Der einzige Konfliktpunkt, so sein Kollege Frank Michael Wrosch, könnte die Benotungsfrage werden. Wrosch: „Noch lernen wir hier ohne Noten und wir hoffen, daß wir das nicht neu verhandeln müssen.“

Fünf Wochen Zeit blieben dem ife für den Umzug aus Huchting in die Räume der Erwachsenenschule an der Doventorcontrescarpe, nachdem die Behördenentscheidung nach langem hin und her gefallen war. Was aber passiert, wenn eine alternative und chaotisch-kreative Schule plötzlich auf ein eher traditionelles System stößt? „Da gingen Schreckgespenster um. Wir wollten nicht reglementiert werden und die anderen hatten natürlich auch ihre Befürchtungen, wen sie sich da ins Haus holen“, erzählt Wrosch. „Aber die Gespenster haben sich verflüchtigt.“ Auch Schulleiter Henner Lübkemann ist zuversichtlich: „Wir lassen dem ife seine Freiheiten und ich hoffe, daß die Kollegen sich wechselseitig inspirieren.“

Beate Hoffmann