CSU setzt KOMM vor die Tür

Die Stadt Nürnberg kündigt dem Jugendzentrum KOMM und setzt damit nach 23 Jahren der offenen Selbstverwaltung ein Ende  ■ Aus Nürnberg Paul Harbrecht

KOMM bleibt KOMM“. Weithin sichtbar prangt das überdimensionale Transparent an der Vorderfront des Jugend- und Kulturzentrums an der Eingangspforte zur Nürnberger Altstadt. Die Losung steht in merkwürdigem Kontrast zum Rest des Gebäudes. Von dem bundesweit mehrfach in die Schlagzeilen geratenen und von der CSU sowie der bayerischen Staatsregierung vehement bekämpften KOMM stehen nur noch die Außenmauern, die Zwischenböden sind herausgerissen, das Dach fehlt.

Das seit Kriegsende baufällige Haus wird derzeit für einen zweistelligen Millionenbetrag generalsaniert. Doch niemand weiß, wie es künftig genutzt werden wird. Denn vorgestern abend beschloß die Stadtratsmehrheit, den Mietvertrag und die Fördervereinbarung zwischen der Stadt Nürnberg und dem KOMM-Verein zum Jahresende 1997 zu kündigen. Mit dem überraschenden Wahlsieg der CSU bei den Kommunalwahlen im März dieses Jahres war klar, daß das KOMM in seiner bisherigen Form keinen Bestand mehr haben würde.

Schließlich war das selbstverwaltete Zentrum mit seinen 55 Räumen auf 3.000 Quadratmetern und seinem Etat von knapp 1,6 Millionen Mark für 120.000 Besucher pro Jahr der CSU schon lange ein Dorn im Auge. Seit Jahren hatte sie gefordert, daß die „linke Kaderschmiede“ und der „Schandfleck am Eingangstor der Stadt endlich beseitigt“ werden müsse. Da das Gebäude der Stadt gehört und die Zuschüsse für den Betrieb des Zentrums aus dem städtischen Haushalt flossen, hatte die CSU mit ihrer neuen Stadtratsmehrheit nun die Hebel in der Hand.

Im KOMM selbst und bei den Wahlverlierern SPD und Bündnisgrüne favorisierte man zunächst einen Bürgerentscheid, um das Zentrum in seiner bisherigen Form zu erhalten. Die notwendigen 18.000 Unterstützungsunterschriften waren schnell gesammelt. Um einen etwa 600.000 Mark teuren Urnengang der Nürnberger Bürger zu vermeiden, und angesichts dessen ungewissen Ausgangs, trieb der noch von der rot-grünen Ratsmehrheit kurz vor den Kommunalwahlen inthronisierte Kulturreferent Georg Leipold eine Verhandlungslösung voran. Ein Kompromißpapier sah vor, den städtischen Einfluß auf Raum- und Mittelvergabe innerhalb des Zentrums zu verstärken sowie die offene Selbstverwaltung einzuschränken. Die CSU war zufrieden und stimmte dem Papier zu.

Die Krux, eine offene Selbstverwaltung mit den Stimmen einer offenen Selbstverwaltung abschaffen zu wollen, zeigte sich schnell. Bei der ersten Vollversammlung im KOMM hatten die Befürworter des Kompromisses eine deutliche Mehrheit. SPD und Grüne hielten daraufhin einen Bürgerentscheid für überflüssig, die gesammelten Unterschriften waren damit Makulatur. Bei der zweiten Versammlung, die die vertraglichen Änderungen absegnen sollte, behielten die Gegner die Oberhand.

Die städtischen KOMM-Mitarbeiter warfen den Kompromißgegnern vor, sie hätten „mit einer gewissen Lust am eigenen Untergang“ das Selbstverwaltungsmodell „liquidiert“. Diese sprachen im Gegenzug von „Verrat“ und fühlten sich von der Rathausmehrheit „erpreßt“. „Ohne Kompromißpapier wäre es zu dem von uns gewollten Bürgerentscheid gekommen“, betonte Vereinsvorstand Günter Pach.

Da mit dem KOMM keine einvernehmliche Lösung der strittigen Fragen zu erzielen sei, kündigte die Stadt die Verträge. Das KOMM will dennoch weiter für die offene Selbstverwaltung kämpfen und hofft nun auf auf bundesweite Solidarität. Ein erster Testlauf dafür wird der 14. Dezember sein. Unter dem Motto „Opposition machen wir“ findet eine Demonstration und ein Aktionstag statt.