■ Portrait
: Republikaner wird US-Verteidigungsminister

Der US-Rüstungshaushalt ab sofort im Stabreim? William Cohen, 56jähriger Senator aus dem Bundesstaat Maine, kann sich nach 23 Jahren im Kongreß, einem Report über die Iran-Contra-Affäre, zwei Spionagethrillern und zwei Lyrikbänden nun mit der Prosa des Pentagon beschäftigen. Als voraussichtlich einziger Republikaner inmitten eines demokratischen US-Kabinetts kann er jetzt maßgeblich die Zukunft der militärischen Supermacht mitgestalten.

Die wird, wenn es nach seinem Willen geht, keineswegs schrumpfen. Denn Cohen gehört bei innen- und sozialpolitischen Fragen zweifellos dem moderaten Flügel seiner Partei an und verärgerte einige Parteigenossen, als er im Iran-Contra-Skandal immer wieder Attacken gegen die Reagan-Administration und Oliver North ritt.

Doch in seinem Spezialgebiet, der Sicherheitspolitik, hat er sich einen Namen als Hardliner gemacht. Im Streitkräfteausschuß unterstützte er die Reagansche Rüstungspolitik und setzte sich nachdrücklich für den Ausbau der Marine ein – nicht zuletzt, weil von entsprechenden Rüstungsaufträgen der größte private Arbeitgeber in seinem Bundesstaat, die „Bath Iron Works“- Schiffswerft profitierte. Er focht für das MX-Raketen-System und gegen ein Einfrieren der Nuklearrüstung. Das Ende des Kalten Krieges repräsentiert für William Cohen wohl das Ende der Supermacht Sowjetunion, nicht aber das einer militärischen Vorwärtsstrategie der USA mit größeren Seetransportkapazitäten, mehr mobilen Einsatztruppen, Raketen- und Raketenabwehrsystemen.

Als erstes wird er sich in seinem neuen Amt jedoch mit einigen schwerwiegenden internen Problemen auseinandersetzen müssen. Das US-Heer ist aufgrund einer Serie von Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen durch Ausbilder an Rekrutinnen in die Schlagzeilen geraten. Gleichzeitig gerät das Pentagon zunehmend unter Druck, weil es offensichtlich nicht alle Informationen herausrückt, die zu schweren Erkrankungen bei Veteranen aus dem Golfkrieg geführt haben. Zahlreiche US-Soldaten leiden am sogenannten Golfkriegssyndrom, weil sie vermutlich chemischen Waffen ausgesetzt waren, die vom irakischen Diktator Saddam Hussein im Krieg 1991 eingesetzt worden sein sollen. Man wird sehen, was der neue Minister sich dazu zusammenreimt. Andrea Böhm