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: Helfendes Karaoke

„Die Prominenten Playback Show“, Samstag, RTL, 20.15 Uhr

Mein Fernseher war das ganze Jahr lang böse, aber der Nikolaus hat ihn auch diesmal nicht mitgenommen. Damit er was zu Weihnachten bekommt, tut er Buße für all die grausamen Fernsehmorde und zeigt zur Adventszeit nur noch herzensgute Sendungen. Ein besonders klebriges Machwerk dieser Sorte hatte sich am Samstag aus dem Gerät ergossen: „Die Prominenten Playback Show“ auf RTL.

Dieser Sendungstyp ist eine Variante der „Mini-Playback- Show“, die sich immer mal wieder den Vorwurf gefallen lassen muß, sie hätte ihre größten Fans unter den Pädophilen. In der Adventsausgabe wurden zur Abwechslung nicht Kinder aus Deutschland von Erwachsenen als Zombies getarnt, sondern Erwachsene hatten sich verkleidet, um Kindern aus der Dritten Welt zu helfen. Unter der Leitung der schwangeren Linda de Mol machte Deutschlands Prominenz so Werbung für die Dritte- Welt-Patenschafts-Organisation „Plan International“.

Vom geballten Gutmenschentum überrollt, rollte uns auch gleich eine Träne über die Backe, denn sie hatten sich ja alle solche Mühe gegeben: Ignatz Bubis und Franzi van Almsick beantworteten Zuschaueranrufe, und Max Schautzer leierte dreitausendmal die Telefonnummer von „Plan International“ runter. Auf die Bühne trauten sich leider nur zweitklassige Promis, deren Namen zum großen Teil nur eingefleischten RTL-Fetischisten ein Begriff sein dürften.

Die Erwachsenen waren aber – da haben die Makenbildner ganze Arbeit geleistet – genauso bis zur Unkenntlichkeit entstellt wie die Kinder in der Original- Show. Zum Beispiel hatte sich irgendwer als Prince verkleidet, aber man konnte nicht genau erkennen, ob das eine Frau oder ein Mann war. Ich tippe nach wie vor auf Erika Berger.

Die Karaoke-Peinlichkeiten wechselten sich mit schmalztriefenden Beiträgen ab, in welchen beliebte Menschen wie Harald Juhnke oder Renate Schmidt exemplarische Einzelschicksale aus der Dritten Welt erzählten, untermalt von herzzerreißender Geigenmusik. So präsentierte RTL ein hochprofessionelles Konzept für effizientes Fund Raising. Vielleicht war die ganze Veranstaltung deswegen ein bißchen zu oberflächlich und glatt. Denn wenn Linda de Mol uns dazu aufruft, unsere Herzen zu öffnen, dann meint sie eben doch nur unsere Geldbeutel. Stefan Kuzmany