■ Mit der EU als Handelsblock auf du und du
: Klagen bei der WTO

Brüssel (taz) – Zur Gründung der Welthandelsorganisation WTO einigten sich 1993 die 125 Unterzeichnerstaaten, alle Zölle bis 2003 um durchschnittlich 30 Prozent zu senken, bei Agrarprodukten sogar um 36 Prozent. Schrittweise sollen auch die mengenmäßigen Einfuhrquoten abgeschafft werden. Insgesamt 62 Klagen über unfaire Handelshemmnisse, die gegen die Vereinbarungen verstoßen sollen, gingen seither bei der WTO ein. Allein 23mal hat sich die EU in Genf über andere Länder beschwert, 11mal wurde die EU beklagt. Bis auf wenige Fälle sind die WTO-Verfahren noch in der Schwebe.

Die Klagen gegen die Europäische Union richten sich vor allem gegen Zölle und Einfuhrbeschränkung für Agrarprodukte. So hält Kanada die Abschöpfungen für Getreide, mit denen die EU den Preis von importiertem Getreide auf das künstlich hochgehaltene EU- Niveau anhebt, für einen Verstoß gegen das WTO-Abkommen. Die US-Regierung hat gleich mehrfach Händel mit der EU. Dabei geht es beispielsweise um die Importbeschränkungen von Dollarbananen oder das EU-Einfuhrverbot von hormonbehandeltem Fleisch. Im Gegenzug hat die EU in Genf die Strafzölle angeprangert, mit denen die USA die Aufhebung des Hormonverbots erzwingen wollen.

In kaum einem anderen Bereich hat die EU die Nationalstaaten so vollständig abgelöst wie in der Handelspolitik. Seit der Errichtung des Binnenmarkts gibt es innerhalb der EU keine Zölle und – zumindest offiziell – keine Handelsbeschränkungen mehr. Um so wichtiger sind die gemeinsamen Außenzölle der EU geworden. Neben den Agrarprodukten betrifft das vor allem Textilien sowie eine bunte Liste sogenannter sensibler Produkte. Als sensibel werden Waren eingestuft, deren Einfuhr die heimische Industrie über Gebühr bedroht: Fahrräder aus China etwa oder Autos aller Art, aber auch eine Reihe chemischer Substanzen.

Ob sich die EU mehr als andere Länder abschottet, ist nicht einfach zu beantworten. Im Gegensatz zu den USA, die auf einige wenige Produkte sehr hohe Sätze bis zu 100 Prozent erheben, verlangt die EU zwar für sehr viele Waren Zölle, hat dafür aber vergleichsweise niedrige Sätze. Alois Berger