Das Portrait
: Chinas Mann in Hongkong

■ Tung Chee Hwa

Der Milliardär Tung Chee Hwa hatte in den letzten Wochen viel zu tun. Er besuchte Kindergärten, sagte Schülern guten Tag, und als neulich bei einem schrecklichen Hochhausbrand in Hongkongs dichtestbevölkertem Stadteil Kowloon viele Menschen starben, äußerte er Betroffenheit. Tung Chee Hwa tat so, als ob er auf Wahlkampftour sei. Das war eigentlich überflüssig, denn seit ihn Chinas Präsident Jiang Zemin im Januar in Peking mit einem Händedruck ehrte, war klar: Dieser Superreiche wird nächster Regierungsschef, Nachfolger von Chris Patten, wenn die britische Kronkolonie in der Nacht zum 1. Juli 1997 an die Volksrepublik China übergeben wird. Gestern wurden in Hongkong dafür die letzten Formalitäten erledigt. Das vom pekingfreundlichen Vorbereitungskomitee ausgesuchte Wahlgremium einigte sich auf den Kronprinzen.

Der 59jährige Tung Chee Hwa kontrollierte bis Oktober eine der größten Reedereien der Welt, die von seinem Vater gegründete „Orient Overseas Container Lines“. Das Familienunternehmen wird jetzt von Tungs Bruder geführt. 1985/86 trudelte dieses Unternehmen in die Krise, und vorm Bankrott gerettet wurde es nur, weil Pekings mächtigster Mann in Hongkong, Henry Fok, ihm mit einem 120-Millionen-US- Dollar-Scheck aus der Patsche half. Es war die drittgrößte staatliche Rettungsaktion für einen Pleitekonzern. Big business, ein funktionierendes Beziehungsgeflecht und ein ausgeprägter China-Patriotismus sollen auch in Zukunft die „Sonderverwaltungszone“ Hongkong am Laufen halten.

Die Verlierer sind ebenfalls schon seit langem bekannt. Das ist die Demokratiebewegung. Die wenigen und auch widerwillig abgegebenen Statements C. H. Tungs zum Thema geben die Richtung an. Gedenkveranstaltungen am 4. Juni, dem Jahrestag des Massakers in Peking, werde er erlauben, sofern sie friedlich und legal seien. Genau diese Legalität aber steht in Frage. Der Reeder hat zwar in den USA und England studiert, aber mit Hinweis auf konfuzianische Werte schreibt er die Rechte der Individuen klein und den autoritären Stil von Singapurs Lee Kuan Yew groß. Für Amerikaner seien Rechte wichtig, gestand er einmal zu, aber für Chinesen seien Pflichten wichtiger. „Ordnung und Stabilität“ heißt sein Programm. Bis jetzt sein einziges. Anita Kugler