: RWE entläßt und verdient
■ Konzernspitze optimistisch, Aktionäre besorgt wegen Garzweiler II
Essen (taz) – Die Rheinisch- Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE), der größte deutsche Strom- und Müllkonzern und eine der größten deutschen Firmen überhaupt, hat das zurückliegende Geschäftsjahr 1995/96 „erfolgreich abgeschlossen“. Das teilte der Vorstandsvorsitzende der RWE AG, Dietmar Kuhnt, gestern auf der Hauptversammlung (HV) in Essen den Aktionären seines Konzerns mit. Grundlage für die anhaltend positive Geschäftsentwicklung, so Kuhnt, seien die spürbaren Produktivitätsfortschritte durch „straffes Kostenmanagement“ gewesen. Im Klartext: Bei RWE wurden kräftig Arbeitsplätze abgebaut, exakt 4.528 im abgelaufenen Geschäftsjahr. Denn diese Produktivitätsfortschritte schlagen im Gegenzug mit einer Erhöhung der Dividende um zehn Pfennig auf 1,50 Mark pro Aktie (Nennwert: 5 Mark) auf deren Konten zu Buche: Shareholders value. Auch der steigende Kurs der RWE-Aktie, einst als „Familienpapier“ desavouiert, trieb den Dax im vergangenen und in diesem Jahr mit in schwindelerregende Höhen. Der Börsenwert von RWE legte im Berichtszeitraum um 25 Prozent auf stolze 30 Milliarden Mark zu.
Die eigentlichen Zahlen aus der Bilanz wurden da von den zufriedenen Kleinaktionären nur noch am Rande zur Kenntnis genommen: Konzernumsatz um 2,9 Prozent auf 65,4 Milliarden Mark gestiegen; Konzernergebnis nach Steuern um zehn Prozent auf 1,2 Milliarden Mark geklettert.
Also alles in Butter auf der HV von RWE in Essen? Mitnichten. Für Unruhe unter den Aktionären sorgte die bekanntgewordene Absicht von RWE, den mit Mehrheitsstimmrecht ausgestatteten, aktienbesitzenden Kommunen in NRW dieses Mehrheitsstimmrecht abzukaufen. Für rund zwei Milliarden Mark wären die Kommunen dazu auch bereit – für den RWE- Vorstand allerdings eine „indiskutabel hohe Summe“. Und auch die Hälfte dieser Summe, so RWE- Sprecher Dieter Schweer, sei überzogen und insbesondere den Kleinaktionären nicht zuzumuten. Die müßten dann für die Kommunen Einbußen bei den zukünftigen Dividenen hinnehmen.
Für erhebliche sorgten auch die insgesamt 31 Gegenanträge des Dachverbandes der Kritischen AktionärInnen: RWE-AKWs abschalten, Frauen in den Vorstand, Schwerstbehindertenquote erfüllen. Und Reiner Priggen, Landesvorstandssprecher von Bündnis 90/Die Grünen in NRW, wandte sich in der Grugahalle direkt an den RWE-Großaktionär Allianz. Der Großversicherer solle den Vorstand von RWE zur Umkehr in Sachen Garzweiler II bewegen. Denn in München könne man nicht in bunten Werbebroschüren vor der drohenden Klimakatastrophe warnen und gleichzeitig die klimaschädlichste und überflüssige Energieerzeugung durch Braunkohle weiterhin unterstützen. Klaus-Peter Klingelschmitt
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