■ Meinen & Wissen
: Sag die Wahrheit!

Im neuen Heft der Deutschen Zeitschrift für Philosophie („Rortys pragmatische Wende“, Heft Nr. 5/1996, Akademie Verlag) antwortet Jürgen Habermas einem seiner bedeutendsten Kritiker, dem amerikanischen Philosophen Richard Rorty. In dem Streit der beiden geht es letztlich um den Wahrheitsbegriff. Während Rorty bekanntlich den Begriff der Wahrheit einer Aussage auf die Möglichkeit ihrer Rechtfertigung vor einem „möglichst großen Publikum“ reduziert, hält Habermas die „Orientierung an unbedingter Wahrheit“ für nötig, damit man überhaupt zwischen Meinen und Wissen, Überreden und Überzeugen, Lernen und Indoktrination unterscheiden könne.

Indem Rorty diese regulative Idee der Wahrheit aufgebe, so Habermas, mache er es uns unmöglich, zwischen strategischem und nicht strategischem Sprachgebrauch, zwischen erfolgs- und verständigungsorientiertem Handeln zu differenzieren.

Dann fragt sich bloß, wie es sein kann, daß wir Rorty- Fans, die ihm in der Verabschiedung der „schimärischen Objektivität“ folgen, trotzdem glauben können, daß wir von ihm gelernt haben, indem wir seine Argumente verstanden, und daß wir nicht einem Lügner, Prediger oder Gehirnwäscher aufgesessen sind. JL