Netanjahu will Siedler mit Geld beschwichtigen

■ Nach dem Anschlag auf eine Siedlerfamilie beschließt Israels Regierung Subventionen. Die Siedler fordern neue Bauprojekte. Hamas droht mit Anschlägen

Tel Aviv (taz) – Nach dem Anschlag auf eine israelische Siedlerfamilie im Westjordanland will Israels Regierung die jüdischen Siedlungen in den palästinensischen Gebieten durch Steuervorteile und andere Vergünstigungen demonstrativ aufwerten. Das beschloß das Kabinett von Benjamin Netanjahu gestern in einer langen Sondersitzung.

Bei dem Anschlag am Mittwoch waren die 42jährige Frau eines Siedlers und ihr 12jähriger Sohn in der Nähe ihrer Siedlung Bethel erschossen worden. Siedler hatten daraufhin von der Regierung gefordert, sofort Baugenehmigungen für neue Siedlungen zu erteilen. Die jetzt beschlossenen Begünstigungen haben nach Darstellung der israelischen Regierung „erste nationale Priorität“. Sie umfassen Steuerermäßigungen, Subventionen für Schulen und SchülerInnen, besondere administrative und finanzielle Unterstützung für Bautätigkeit und für Käufer von Wohnungen und außerordentliche Hilfe für Investoren. Ähnliche Privilegien genossen die Siedler bereits, bis 1992 die Arbeitspartei die Regierung übernahm. Jetzt – unter dem Druck der Siedler und ihrer Lobby innerhalb der Koalitionsparteien – entschloß sich Netanjahu zu einer Geste der Solidarität.

Unklar ist allerdings noch, woher das Geld kommen soll. Ein Sonderausschuß soll das Problem lösen. Kompliziert wird die Angelegenheit durch notwendig gewordene Kürzungen im Staatshaushalt 1997: Umgerechnet 3,5 Milliarden Mark sollen gespart werden. Netanjahu wird wohl die Steuerlast vergrößern und Dienstleistungen weiter einschränken.

Die Siedler begrüßen den Regierungsbeschluß als „zionistische Tat“, bemängeln jedoch, die Maßnahmen gingen nicht weit genug. Sie fordern konkrete neue Siedlungsprojekte. Andernfalls drohen sie, die Regierung vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Die palästinensischen Autonomiebehörden halten den Regierungsbeschluß für eine weitere Gefährdung des Friedensprozesses. Ein Sprecher der palästinensischen Behörden sprach gestern von einer „Eskalation der Spannungen“.

Am gleichen Tag erklärte die islamistische Palästinenserorganisation Hamas, sie werde ihre Angriffe auf Ziele in Israel wieder aufnehmen. In einem Flugblatt hieß es, Anlaß sei der bevorstehende Jahrestag des Todes von Jahia Ajasch. Rund 25.000 Hamas-Anhänger versammelten sich gestern im Gaza-Streifen zu einer Kundgebung für Ajasch. Der Bombenexperte der Organisation starb am 2. Januar, als eine vom israelischen Geheimdienst in seinem Funktelefon versteckte Bombe explodierte. Amos Wollin