Lübeck

■ betr.: „Kampf gegen das imaginäre Deutsche“, taz vom 10. 12. 96

Wenn Jan Feddersen seine Kritik an der UnterstützerInnen- Szene ernst meint, dann muß er auch „seine“ Zeitung, die taz, in diese Kritik einschließen, die (zum Glück) regelmäßig über den Prozeß und begleitende Veranstaltungen berichtet. Zumeist wird hier offensichtlich die „wahnhafte“ (O-Ton Feddersen) Sicht der UnterstützerInnen-Szene widergegeben, denn meinen Eindruck, daß es sich hierbei eben sehr wohl um ein rassistisch motiviertes Strafverfahren handelt, habe ich nicht zuletzt durch die Berichterstattung der taz und taz Hamburg über den Prozeß. So findet sich in der taz Hamburg desselben Tages die „publizistische Mär (von der mit Draht umwickelten Leiche) aus dem Unterstützerkreis“ (Feddersen) wie folgt wieder: „Bei der Obduktion war ein dünner Draht gefunden worden, der locker um die Leiche gewunden war“ („Der stumme Zeuge“).

Doch ich vermute, daß der Kommentar nicht wirklich ernst, sondern vor allem provokant gemeint ist. Da werden emotionale Ausrufe einzelner Prozeßbeobachterinnen, ein plakatives Transparent in einem Hamburger „Szenestadtteil“ und aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen der Anwältin als „Beweis“ für die These vom „Gesinnungsschutz“ für AusländerInnen durch „ihre linksradikalen Unterstützer“ (Feddersen) und UnterstützerInnen!? herangeführt.

Dem gegenüber stehen ein Richter und ein Staatsanwalt, die Feddersen irgendwie nett und „Softie“ findet, und die unter der „fast inquisitorischen Frageweise“ der Anwältinnen Eids zu leiden hätten. Alles irgendwie zusammengeschrieben.

Vielleicht macht es Spaß, mal eine provokante These in die taz zu schreiben, in dem Wissen, daß sich viele dann angepißt fühlen. Hilfreich für die Auseinandersetzung mit dem Hang einiger linker Kreise zum „positiven Rassismus“ ist so etwas jedoch meiner Ansicht nach nicht, im Gegenteil. Wie wär's einmal mit einem Kommentar, der sich fundiert kritisch mit der „linksradikalen UnterstützerInnen-Szene“ auseinandersetzt uund somit Denkprozesse und Weiterentwicklung anstößt. Doch das würde dann vielleicht nicht so viel Spaß machen, sondern Arbeit und ernsthafte Auseinandersetzung bedeuten. Wie wär's, Herr Feddersen? Holger Müller, Lüneburg

Jan Feddersen bringt es fertig, auf drei Zeitungsspalten zur Lübecker Brandstiftung den Rassismus-Vorwurf gegen deutsche Strafverfolger umzumünzen in einen Rassismus-Vorwurf gegen Linksradikale, ohne auch nur einmal zu erwähnen, worauf sich deren Ursprungs-Vorwurf stützt: auf den Eindruck nämlich, daß oberflächlich gegen Deutsche mit Brandspuren an den Haaren, eifrig indessen gegen Safwan Eid ermittelt wurde.

Die der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin unterstellte Staatsanwaltschaft hat nicht die Deutschen angeklagt, denen in der Presse Verbindungen zu bekennenden Rassisten nachgesagt wurden, sondern einen Nichtdeutschen, wohl wissend, daß unabhängig vom Ausgang allein die Länge eines Verfahrens verwertbare Spuren tilgen hilft. Wieso hält Feddersen die Erwägung, „daß die Ermittler nicht anders konnten, als sich auf den nunmehr Angeklagten zu konzentrieren“, für erträglich? Die Ermittler hätten nicht nur anders gekonnt, sondern sogar anders gemußt, notfalls auf Weisung der Ministerpräsidentin. Frau Simonis hat aber nicht angewiesen, offenbar im Konsens mit Jan Feddersen, der zwar berichtenswert findet, daß der Staatsanwalt wie ein Softie fragt, aber unterschlägt, wen statt dessen der Staatsanwalt wie ein Strafverfolger hätte fragen müssen.

Die Gegner dieses Prozesses, sagt Feddersen, sind marginalisiert? Na freilich: Der nationale Konsens, den Feddersen bestreitet, ist in der Tat überwältigend. Wie hieß es einst gegen den Konsens der Asiatenfresser? „Wir sind eine kleine radikale Minderheit.“ Jan Feddersen gafft offenbar seit 28 Jahren vom Balkon. Thomas Steinberg, Hamburg