Armeerevolte in Frankreichs Hinterhof

■ In der Zentralafrikanischen Republik drohen Bürgerkrieg und Intervention

Berlin (taz) – Eine neue französische Intervention in Afrika könnte sich anbahnen, nachdem in der nördlich von Zaire gelegenen Zentralafrikanischen Republik erneut bürgerkriegsähnliche Zustände ausbrechen. Am Wochenende rebellierten meuternde Soldaten gegen die Regierungsarmee, Tausende von Menschen flohen aus der Hauptstadt Bangui. Die Rebellen unter Führung von Kapitän Anicet Saulet sagten, sie fühlten sich nicht mehr an eine von Frankreich vermittelte Waffenruhe gebunden, die nach der letzten Bürgerkriegsrunde am 8. Dezember unterzeichnet worden war. Nun drohen zum vierten Mal in diesem Jahr Kampfhandlungen zwischen regierungstreuen und regierungsfeindlichen Teilen der zentralafrikanischen Armee.

Der Verlauf der Krise zeigt, wie tief der Einfluß Frankreichs in der Zentralafrikanischen Republik geht. War es bei der ersten Meuterei im April noch um Soldnachzahlungen gegangen, forderten die Aufständischen bei der zweiten Revolte im Mai den Rücktritt von Präsident Ange-Felix Patassé, der erste demokratisch gewählte Staatschef des Landes. Damals vermittelten die Militärkommandanten der ständig in Bangui stationierten französischen Truppen die Bildung einer neuen Regierung. Der bisherige Botschafter in Paris, Jean-Paul Ngoupandé, wurde Premierminister. Ngoupandé unterzeichnete gegen heftigen Widerstand von Präsident Patassé am 12. November ein Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Drei Tage später rebellierten dieselben Truppen, die schon im Mai plündernd durch Bangui gezogen waren. 150 Menschen fielen den Kämpfen zum Opfer, bevor Frankreich am 8. Dezember den jetzt gebrochenen Waffenstillstand aushandelte.

Die Haltung von Patassé und Ngoupandé zu Frankreich könnte unterschiedlicher kaum sein. Im Mai gefragt, ob er sich nicht als französische Marionette fühle, antwortete Präsident Patassé: „Aber ich bin Franzose!“ Ngoupandé dagegen lehnte im November ein direktes französisches Eingreifen ab.

Aber es geht auch um handfeste ökonomische Interessen – beispielsweise um den größten Wirtschaftskonzern der Zentralafrikanischen Republik, die staatliche Ölgesellschaft Petroca. Präsident der Firma ist Patassés Vertrauter und Sprecher Alfred Poloko, Vizepräsident ist der Franzose Louis- Joachim Ruiz. Die Petroca hält das Monopol über Einfuhr und Vertrieb von Benzin und anderen Treibstoffen. Wer sie kontrolliert, beherrscht das Land. Deshalb ist der Präsident gegen die vom IWF geforderte Privatisierung der Firma, und deshalb eroberten die Rebellen im November als erstes die Straßen, die vom Zentrum der Hauptstadt zum Ölhafen am Ubangi-Fluß führen. Und aus demselben Grund ging die Kontrolle dieser Straßen mit dem jüngsten Waffenstillstand an die französischen Truppen über.

Das hat auch direkt mit Zaire zu tun. Das Öl, das im Hafen von Bangui ankommt, erreicht die Zentralafrikanische Republik über Zaire, von dessen Atlantikhafen Matadi es per Schiff über tausend Kilometer stromaufwärts nach Bangui gebracht wird. Die von Frankreich gestützte Zentralafrikanische Republik hängt am Tropf eines Landes, das selber im Bürgerkrieg zu zerbrechen droht. Dominic Johnson