: Wer nichts weiß, kann gut schlafen
■ Bundesregierung lobt das Gentechnikgesetz von 1993
Berlin (taz) – Die Bundesregierung ist voll des Eigenlobs: „Das Gentechnikgesetz hat den Zweck, Mensch und Umwelt vor möglichen Gefahren aus dem Umgang mit der Gentechnik zu schützen, erreicht.“ So steht es in einem Bilanzbericht zu dem Gesetz von 1993. Und weiter: „Die Gentechnik ist keine Risikotechnik.“
Dieser Einschätzung widersprachen Bündnisgrüne und Umweltschützer gestern massiv. „Wer nicht hinsieht, wird natürlich auch nichts finden. Auf dem Gebiet der Risikoerforschung bestehen riesige Wissenslücken“, sagte Beatrix Tappeser vom Ökoinstitut. Sie hat rund 5.000 Freisetzungsversuche weltweit ausgewertet und dabei festgestellt, daß häufig keine ökologischen Daten erhoben wurden. Zudem sei der Erfahrungszeitraum zu kurz, um das Risiko tatsächlich einschätzen zu können.
Trotzdem hat Tappeser in der mageren Datenbasis bereits äußerst beunruhigende Entwicklungen entdeckt. Wissenschaftler haben in den letzten Jahren Raps so manipuliert, daß er eine Dusche mit Unkrautvernichtungsmitteln ohne Schaden übersteht. Bereits mehrere Freisetzungsversuche haben stattgefunden, und inzwischen liegt auch eine Vermarktungsgenehmigung zur Saatgutentwicklung in Europa vor. Was dabei unbeachtet blieb: Eigenschaften von Raps können schnell auf verwandte Pflanzen übergehen. Das Ökoinstitut hält es deshalb für wahrscheinlich, daß bald auf den Äckern Wildpflanzen sprießen, denen mit Unkrautvernichtungsmitteln nicht beizukommen ist.
Die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Marina Steindor wirft der Bundesregierung vor, Gentechnik unberechtigt zur Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts hochzustilisieren und dafür extrem viele Steuergelder auszugeben. aje
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