■ Vorlauf
: Frühstücksindianer

„Blauvogel“, tägl. 9 Uhr, ARD

Lassen wir doch auch mal den Pressetext zu Wort kommen. Zu Weihnachten, heißt es da, gibt es in der ARD Schlangenfleisch zum Frühstück: Jeden Morgen um neun Uhr tauschen kleine und große Fernsehzuschauer Schlafanzug gegen Federschmuck und Wildleder. Pantoffelhelden werden zu Jägern, Fischern und Kanufahrern. Ein schönes Festtagsszenario: Vati, Mutti, Kind und dazu – zwischen Aufbackbrötchen, Halbfettmargarine, 5-Minuten-Ei und Nußnougatcreme – die 13teilige ARD- Weihnachtsabenteuerserie „Blauvogel“, ehe die glückliche Familie gutgelaunt zum Rodeln aufbricht, oder („Hallo, da seid ihr ja!“) die lieben Großeltern pünktlich auf der Matte stehen...

„Blauvogel Wahlsohn der Irokesen“, ist ursprünglich ein Bestseller der Ostberliner Kinderbuchautorin Anna Müller-Tannewitz und 1950 erstveröffentlicht. Die Geschichte beruht auf einer nordamerikanischen, historischen „Captivity“ (Gefangenenerzählung) aus dem Jahre 1798 und erzählt von dem holländischen Siedlerjungen Michael Ruster, der in den Wirren der englisch-französischen Kolonialkriege an Ojibwa- Indianer verkauft wird.

Nachdem die DEFA das Buch bereits Anfang der sechziger Jahre verfilmte, wurde die Romanvorlage nun für die deutsch-kanadische Koproduktion im Auftrag von SWF, WDR, SR und NDR nach immensen und sorgfältigen Recherchen erweitert und eine Abenteuerserie gedreht, die auf keinen Fall die im Genre „Indianerserie“ üblichen Klischees von der idealisierten Rothaut bedient. Statt dessen ist eine politically korrekte, mäßig spannende, in den Farben Grau, Grün und Braun gehaltene, mit Spielhandlung versehene Ethnologie-Lektion über kanadische Natives herausgekommen, gedreht an Originalschauplätzen, inklusive authentischer, in sorgfältiger Handarbeit hergestellter Ojibwa-Tipis und ausschließlich echter Indianer. Eine gute Sache also, von der man guten Gewissens einfach nicht abraten kann. (Liebe Eltern, für „Blauvogel“ müßt ihr nicht die Fernbedienung in der Hausbar verstecken.) Wer hingegen verschläft, hat nichts versäumt. Christoph Schultheis