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Milošević knebelt Demonstranten

■ Serbiens Präsident Milošević setzt schwerbewaffnete Bereitschaftspolizisten ein. Opposition weicht der Konfrontation aus. Bei der Kundgebung am Heiligabend ist erstmals ein Demonstrant zu Tode geprügelt worden

Belgrad (taz) – Mehrere tausend schwerbewaffnete Bereitschaftspolizisten haben gestern die Demonstration des Oppositionsbündnisses Zajedno in Belgrad verhindert. Von der Terazije aus, der Hauptstraße der serbischen Metropole, ging die Miliz in einem Kordon gegen die rund 30.000 Demonstranten vor und trieb sie zum Platz der Republik. Nach einer halben Stunde beendete die Opposition dort ihre Kundgebung, ohne daß es zu weiteren Zusammenstößen mit der Polizei kam. Zugleich wurde mitgeteilt, daß man die Verhaftung der führenden Oppositionspolitiker Vuk Drašković, Zoran Djindjić und Vesna Pesić befürchte.

Dem Eingreifen der Polizei vorausgegangen war ein vom serbischen Innenministerium erlassenes Demonstrationsverbot. Die Polizeiführung warnte die Opposition, weiterhin „den Verkehr zu behindern“. Gestern nachmittag hatte die Miliz dann die Innenstadt von Belgrad hermetisch abgeriegelt. Die Brücken über die Save zwischen Alt- und Neu-Belgrad wurden gesperrt.

Trotz all dieser Warnungen beschloß die Opposition, ihre Demonstrationen fortzusetzen. Schon am frühen Nachmittag waren die Studenten auf die Straße gegangen. Nach der Auftaktkundgebung in der Fußgängerzone marschierte eine Kolonne von rund 30.000 Menschen die Terazije entlang, ohne von Polizei oder Miliz behelligt zu werden. Aus Studentenkreisen verlautete, man hätte eine Vereinbarung mit der Polizei getroffen, nur eine Straßenseite zu benutzen. Der Protestmarsch nahm aber die gesamte Straßenbreite ein.

Am Heiligabend war es erstmals zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Mitgliedern der Opposition und Milošević-Anhängern gekommen. Zajedno teilte mit, daß dabei einer ihrer Anhänger getötet wurde. Er sei auf einer Brücke von Milošević-Anhängern aufgehalten und von diesen mit Knüppeln erschlagen worden. Aufgrund des brutalen Polizeieinsatzes waren auch mehrere Fotografen und Demonstranten mit Knochenbrüchen in Krankenhäuser eingeliefert worden. Nach Krankenhausangaben wurden insgesamt 58 Menschen zum Teil schwer verletzt.

Einen Tag später, am Mittwoch, kam es nach Angaben der regierungsamtlichen Nachrichtenagentur Tanjug dann zu Übergriffen auf zwei Büros der Sozialisten, der Partei des serbischen Präsidenten. In Niš wurde demnach ein Bombenanschlag verübt, der geringen Sachschaden anrichtete. In Užice bewarfen Anhänger der Oppositionsbewegung ein Büro der Sozialisten mit Steinen.

Die politische Führung Montenegros distanzierte sich unterdessen weiter von Milošević. Ministerpräsident Milo Djukanović erklärte, Montenegro sei bereit, eine eigene Außenpolitik zu führen, falls sich Serbien nicht stärker um eine Reintegration in die internationale Gemeinschaft bemühe. Außerdem beschuldigte Montenegro Milošević, mit dem vermehrten Druck von Geld die Oppositionsbewegung besänftigen zu wollen. Wenn er diese Inflationspolitik weiter betreibe, werde Montenegro eine eigene Währung einführen. Vor einem gewaltsamen Eingreifen gegen die Demonstranten warnte die US- Regierung sowie Bundesaußenminister Klaus Kinkel. Georg Baltissen

Tagesthema Seite 3, Kommentar Seite 10

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