Und träge quälen sich die Daten

■ „Vortex“, ein neues Magazin auf CD-ROM, langweilt Computer wie Benutzer

Fünf lustige Dinge, die man machen kann, während der Computer arbeitet:

1. Ganz schnell mit dem Cursor auf dem Bildschirm herumfahren (ergibt interessante Muster).

2. Sich auf dem Bürostuhl um die eigene Achse drehen, bis einem schwindelig wird.

3. Den Monitor drehen, bis ihm schwindelig wird.

4. Tastatur ausklopfen (man wundert sich, was da für ein Dreck rauskommt!).

5. An das Diskettenlaufwerk klopfen und rufen: „Ist da jemand?“ (bringt in Großraumbüros gelegentlich jemanden zum Lachen).

Für Tätigkeiten wie diese läßt Vortex reichlich Zeit. Vortex, ein neues CD-ROM-Magazin, ist so unendlich langsam, daß man viel Zeit hat, sich noch mindestens weitere fünf Beschäftigungen auszudenken, mit denen man sich die Wartezeit vertreiben kann. Wahrscheinlich langweilt sich der Computer während dieser Zwangspausen genauso wie der User: Träge quälen sich die Daten von der CD- ROM in den Arbeitsspeicher, mit schneckenartiger Langsamkeit bauen sich auf dem Bildschirm die Screens auf, und wenn man sich dann mal zu einem Video oder einem Sound-Clip durchgeklickt hat, rappelt das Ding durch, als hätte der Rechner Schluckauf. Noch langsamer habe ich meinen Computer eigentlich nur erlebt, wenn er ausgeschaltet ist.

Daß Vortex so eine lahme Angelegenheit ist, liegt daran, daß die CD-ROM für die neuesten schnellsten Multimedia-Computer konzipiert ist, ohne die heute offenbar kein moderner „Erlebniskonsument“-Haushalt mehr auskommt. Vortex ist nicht das erste Magazin, daß komplett auf CD- ROM veröffentlicht wird. In der Vergangenheit hatten sich unter anderem Radar, com:1, World Media und Clip im Marktsegment der „interaktiven Magazine“ versucht – und waren meist nach der ersten Ausgabe vom Kiosk verschwunden. Doch während diese Produktionen meist noch auf handelsüblichen Rechnern zu benutzen waren, braucht Vortex 16 MB-Arbeitsspeicher und einen Pentium- Chip, um vernünftig zu laufen. Und damit nicht genug: Vortex arbeitet mit Programmen aus dem Reich des Bösen, also von Microsoft, und so habe ich jetzt zu allem Überfluß auch noch die „AcitveX“-Software, einen weiteren finsteren Coup von Bill Gates, auf meiner Festplatte.

Doch genug des Fachchinesisch – auch inhaltlich kann man an Vortex leider kein gutes Haar lassen. Es gibt Beiträge zu den Themen Film, Musik, Comics und „Macher“, was einiges über die anvisierte Leserschaft verrät. Die Beiträge lesen sich, als seien sie von einer PR-Agentur geschrieben. So heißt es etwa über die neue Platte von DJ Shadow: „Dieses Album ist ein Muß für alle Menschen, die Musik für diese Jahreszeit suchen und offen für alles neue sind. Ab zum Plattenhändler und kaufen!“

Immerhin haben die Macher von Vortex versucht, die genuinen Möglichkeiten des Mediums CD- ROM zu nutzen. Es gibt Videos und Musikbeispiele, die allerdings oft von unfreiwilliger Komik sind. Daß man zum Beispiel ausgerechnet ein Interview mit Rockers Hifi, wahrscheinlich die am uninteressantesten aussehende Band der Welt, als Video zeigt, wird an Dusseligkeit nur durch die Fragen übertroffen: „Warum habt Ihr Euer neues Album eigentlich ,Mish Mash‘ genannt?“ Antwort: „Weil es so viele verschiedene musikalische Einflüsse enthält.“ Aha... Tilman Baumgärtel

VORTEX – Das neue Magazin auf CD-ROM. Januar/Februar 1997, für Windows 95 und NT, empfohlene Systemanforderungen: Pentium 100, 16 MB, 4*CD-Rom, Soundkarte. 9,95 DM, URL: www.vortex-magazin.de