: Satellitenstreit bei der Saga
Fernseh-Zwangsverkabelung: Ausländische Sozialwohnungs-MieterInnen müssen für Programmeinfalt bezahlen ■ Von Marco Carini
Hat die Saga keine Antenne für die Bedürfnisse ihrer MieterInnen? Weil seine Wohnung in der Hamburger Hochstraße (Neustadt) angeblich seit jüngstem über einen Rundfunk-Kabelanschluß verfügt, forderte die städtische Wohnungsgesellschaft ihren Mieter Josef Dombrowski jetzt ultimativ auf, eine seit Jahren auf seinem Balkon installierte Parabolantenne bis Mitte Januar abzumontieren. Komme der Mieter dieser Aufforderung nicht nach, so droht die Saga, „werden wir die Entfernung durch eine Fachfirma auf Ihre Kosten veranlassen“.
Der 54jährige Dombrowski aber will seine Schüssel um jeden Preis behalten. Zum einen ist seine Wohnung entgegen der Saga-Behauptung gar nicht verkabelt, zum anderen will der Mieter auf die Sendungen, die nur per Satellit, nicht aber per Kabel zu empfangen sind, keinesfalls verzichten. Denn seine aus Syrien stammende Frau Jourieh kann nur Programme in arabischer Sprache mühelos verstehen – und davon fängt die Schüssel auf dem Balkon gleich ein halbes Dutzend ein.
Der Saga-Kabelanschluß hingegen bietet zwar über dreißig Fernsehprogramme, aber keines in arabischer Sprache. „Wenn sich ein Mieter an uns wendet, werden wir eine individuelle Lösung finden und weitere Zusatzprogramme einspeisen“, betont Saga-Sprecher Frank Glittenberg. Denn die Rechtslage garantiere „jedem Mieter das Recht auf Informationen in seiner Landessprache“.
Doch obwohl noch ungeklärt ist, welche arabischen Programme das Ehepaar Dombrowski per Kabel empfangen könnte, besteht die Wohnungsgesellschaft auf dem sofortigen Abbau der Parabolantenne. Glittenberg: „Wir können da keine Ausnahme machen.“ Da 92 Prozent der Saga-MieterInnen einen Kabelanschluß wünschten und zur Zeit bekommen würden, müsse mit der „optischen Umweltverschmutzung“ an den Fassaden Schluß sein.
Josef und Jourieh Dombrowski aber befürchten, daß dann das Recht auf Informationen in der Landessprache mit einem einzigen Programm in arabischer Sprache abgedeckt werden soll – eine Vermutung, der die Saga nicht widerspricht. Auch Mieterjurist Michael Kopff vom „Mieterverein zu Hamburg“ hat „erhebliche Zweifel“ daran, daß sich der Antennen-Abbau juristisch durchsetzen läßt: „Das Eigentumsrecht des Vermieters muß in aller Regel gegenüber der Informationsfreiheit des Mieters hinten anstehen – und die soll in diesem Fall erheblich eingeschränkt werden.“
Das sieht auch Josef Dombrowski so. Den Saga-Verantwortlichen stellt er deshalb die Frage, ob sie denn „freiwillig für einen Kabelanschluß bezahlen würden, wenn sie anschließend nur noch RTL empfangen könnten“.
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