: Freuden neuer Fraulichkeit
Fraulichkeit kennt keine Grenzen! Im Jahre 1997 n. Chr. erst recht nicht, denn: „Das wird ein schönes Jahr.“ Das versprechen Isabella, Irmgard, Caroline + Festival-Team auf ihrer Neujahrskarte, die sie unaufgefordert verschiedenen Hamburger Kulturschaffenden zum Jahreswechsel ins Haus schickten.
Woher nehmen Isabella, Irmgard, Caroline + Festival-Team in diesen kalten und trüben Tagen das große Einverständnis mit der ganzen großen Welt? Ganz einfach: „Besonders im Juni wird es schön, bunt und heiß. Vom 11.6. bis zum 28.6. machen wir auf Kampnagel wieder unsere ,Hammoniale'.“ Und da werden die „ganz tollen Künstlerinnen aus New York, Tokio, Taschkent, Vietnam, Mexico, Paris, Lyon“ voraussichtlich keinerlei Sparstrümpfe stricken, dafür aber sicherlich sehr traulichen Tätigkeiten wie artigem Singen und Tanzen nachgehen.
Wie so eine Frauenkunst in etwa aussieht, zeigen Isabella, Irmgard, Caroline + Festival-Team – heuer gut dotiert verantwortlich für das einst mit einer gewissen feministischen Ambition initiierte Festival der Frauen – beispielhaft auf ihrem Kärtchen: Allerliebst prangen da ein Herzchen, eine Sonne und lustige Strichmädchen, wie frau sie so anmutig nur bei Frauenmanteltee und Butterplätzchen hinkritzeln kann. "Wir freuen uns jetzt schon“, beschließen Isabella, Irmgard, Caroline + Festival-Team ihren optimistischen Gruß.
Und die Freude höret nimmer auf, zumindest so lange nicht, bis „alle zu uns an die Elbe kommen“, und sei die auch bloß der Osterbekkanal. Frauen kriegen halt den Kulturkanal nie voll. Nur fraulich muß er sein. Und nicht frech, bitteschön, das hat frau doch hinter sich, sondern fröhlich.
By the way: Vor dem Hintergrund solch hammonialischer neuer Fraulichkeit erstaunt es nicht, daß die berühmte Ansagerin Marlene Jaschke als Schirmherrin des 1. Front Frauen Festivals in Hamburg fungiert. Bei diesem Fest wollen bekannte Kabarettistinnen vom 7. bis 12. Januar in Alma Hoppes Lustspielhaus erklärtermaßen einem weiblichen Witze frönen.
Frau muß also gespannt sein, was sich dort als fraulicher erweist: häßliches lautes Weiber-Kabarett oder Lustigkeiten einer Komikerin, die sich am Handtäschchen festkrallt, den Atem übt und den Sittich sittet. Und da die dort auftretenden Damen „alle ganz drollig sein“ sollen, wie Frau Jaschke im Programmzettelchen lobt, hat auch Hamburgs Kultur- und Nebenbei-Frauensenatorin Christina Weiss sich nicht lumpen lassen und schätzungsweise rund 2,50 Mark Unterstützung beigesteuert.
Trotz des martialischen Festival-Namens läßt die große Dankbarkeit der Damen auf eine ganz große Artigkeit schließen. So fügt sich alles ins Bild des großen weiblichen Einverständnisses in die Verhältnisse. Organisiert von sittsamen, in die Jahre gekommenen Girlies – Isabella, Irmgard, Caroline + Festival-Team – dürfte schließlich auch die diesjährige „Hammoniale“ offenbaren: Fraulichkeit kennt keine Grenzen und Dämlichkeit kein Pardon.
Julia Kossmann
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