Nach den Rechten sehen

■ Verwirrte und geistig Behinderte brauchen ehrenamtliche BetreuerInnen / Neue Beratungsstelle will Koordinierung ausbauen

5.000 Menschen sind in Bremen-Stadt als BetreuerInnen „bestellt“. Das heißt, sie werden vom Gericht dazu eingesetzt, die Rechte verwirrter alter, geistig behinderter oder psychisch kranker Menschen zu vertreten. (Das alte Vormundschaftsrecht wurde 1992 vom sogenannten Betreuungsgesetz abgelöst.) In Frage kommen ehrenamtliche, hauptberufliche (etwa RechtsanwältInnen oder SozialpädagogInnen) oder auch BehördenbetreuerInnen. Die Kosten für letztere übernimmt das Gericht beziehungsweise, wenn Betreute über ein Einkommen verfügen, müssen sie das selbst tun. Das Hilfswerk Bremen, eine Einrichtung „für Menschen mit Beeinträchtigungen“, hat jetzt in Blumenthal eine Beratungsstelle eröffnet, um dort – wie bereits in Walle – die ehrenamtliche Betreuungsarbeit auszubauen. Die taz sprach mit der zuständigen Koordinatorin Ulrike Bachmann.

Wie werben Sie potentielle ehrenamtliche BetreuerInnen?

Über die Presse, durch Aushänge, Veranstaltungen – wir haben auch schon mal über das Einwohnermeldeamt bestimmte Buchstaben von Menschen einfach angeschrieben. Wir führen dann ein persönliches Gespräch, ich erkläre die Aufgaben, Sie sagen, welchen Menschen Sie gerne betreuen möchten. Dann sehe ich nach, ob ich eine kongruente Anfrage vom Gericht oder von der Behörde habe. Dann würde ich einen gemeinsamen Besuch arrangieren.

Wie sehen die Aufgaben aus?

Sie helfen bei finanziellen Angelegenheiten, bei der Organisation des Alltags, schauen im wahrsten Sinn des Wortes nach dem Rechten. Sie machen allerdings keine Pflege- oder Haushaltsdienste.

Wo gibts denn da die meisten Schwierigkeiten?

Nehmen wir eine ältere Dame im Heim, die nicht mehr alleine rausgehen kann. Aber eigentlich wäre es für sie ganz wichtig. Nur kümmert sich niemand darum. Das muß man dann durchsetzen.

Was kann ich tun? Diskutieren, insistieren – wie weit reicht meine Kompetenz?

Sie sprechen mit dem Personal, im Notfall auch mit den Vorgesetzten. Sie haben in dem Aufgabenbereich, in dem sie vom Gericht eingesetzt worden sind, volle Kompetenz. Sie haben also als letzte Möglichkeit auch das Recht, ein Heim etwa zu verklagen.

Sie als Beraterin vertreten auch die Interessen der Betreuten selbst gegenüber den BetreuerInnen. In welchen Fällen?

Wenn diese zum Beispiel mit ihrem Betreuer nicht zurechtkommen, oder wenn ein Betreuer sie zum Sparen anhält und der Betreute sich dagegen wehren möchte.

Jetzt wollen Sie auch in Bremen-Nord ,vor Ort' sein.

Wir haben allein in Bremen-Nord über hundertsechzig Betreuer bestellt, die bei uns in der Kartei sind. Wir wollen dort verstärkt Veranstaltungen anbieten, denn erfahrungsgemäß fahren die Menschen abends nicht mehr unbedingt bis nach Bremen rein. Interview: sip

Beratungsstellen des Hilfswerks Bremen: Vegesacker Straße 59 (Walle) 396 77 34, Kapitän-Dallmann-Str. 13 (Blumenthal)69 00 505