Ewige Bildstörung bei Siemens

■ Künftig gibt es keine Fernseh- und Radioproduktion mehr. Gerüchte über Teilung der KWU in AKW- und Fossiltechnik

Berlin (dpa/rtr/taz) – Ein Boykott von Fernsehern aus dem Hause Siemens ist künftig nicht mehr möglich. Nach über 70 Jahren zieht sich der Münchner Konzern aus der Herstellung von Unterhaltungselektronik zurück. Die Siemens-Electrogeräte GmbH habe zum Jahresende 1996 ihre Aktivitäten für die Konsumelektronik beendet, sagte ein Unternehmenssprecher gestern. Siemens reagiere damit auf die rückläufige Marktentwicklung. Das Unternehmen hatte in den letzten Jahren eh den größten Teil seiner Unterhaltungselektronik insbesondere aus Fernost zugekauft. Der Umsatz sank 1996 von knapp 300 auf etwa 240 Millionen Mark.

Was aus dem Siemens-Energiesektor KWU wird, war indessen gestern unklar. Reuter meldete, Siemens wolle die Produktion von Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem US-Konkurrenten Westinghouse einbringen. Sitz des neuen Unternehmens sollen die USA sein. Ein Unternehmenssprecher wollte die Meldung weder bestätigen noch dementieren. Der Betriebsrat zeigte sich völlig uninformiert: „Wir erfahren so was immer erst aus dem Radio.“

Die KWU erwirtschaftet etwa die Hälfte seines 8-Milliarden- Mark-Umsatzes mit fossiler Energieerzeugung, den Rest mit Atomtechnik. Würden die gewinnbringenden Dampfturbinenkraftwerke ausgegliedert, wäre das ein Beleg für das mangelnde Vertrauen in die Zukunft der KWU, meint Pietro Bazzoli, Betriebsrat am Standort Mülheim. „Es würde der KWU das Genick brechen, wenn sie sich nur auf die Kernkraftwerke beschränkte.“ Der Konzernsprecher aber versichert: „Solange es Kunden gibt, können die sich auch darauf verlassen, daß wir mit unserem Know-how zur Verfügung stehen.“ aje