■ Alternativtourismus
: Reisepavillon

Mit einem blauen Auge ist die Tourismusindustrie im vergangenen Jahr gerade noch einmal davongekommen. Krampfhaft üben sich die Touristiker in optimistischer Schönfärberei und glauben immer noch an weitere Steigerungsraten. Um bis zu acht Prozent soll der hartumkämpfte Reisemarkt 1997 wachsen. Daß die Rezession, wie die wirtschaftlichen Flauten der früheren Jahrzehnte gezeigt haben, im Tourismussektor erst mit zwei- bis dreijähriger Verspätung eintritt, will die Branche – zumindest offiziell – nicht wahrhaben. Die Marktführer, ob sie nun TUI oder Neckermann heißen, setzen weiterhin auf Expansion und auf einen gnadenlosen Verdrängungswettbewerb. Noch ist die Reiselust der Deutschen (fast) ungebrochen.

Und die sogenannten alternativen Reiseveranstalter? Mehr schlecht als recht haben sie sich in ihren Nischen eingerichtet. Bläst auch ihnen ein kälterer Wind um die Nase? Heike Keil Seibold, die seit Jahren den „Reisepavillon“ bei Hannover organisiert, der sich zur größten Messe des umwelt- und sozialverträglichen Reisens entwickelt hat, ist mehr als pessimistisch: „Im Frühjahr wird es zu vielen Pleiten unter den kleineren Veranstaltern kommen.“ Mit den Branchenriesen, die sich gegenseitig mit Sonderangeboten und Last-minute-Offerten unterbieten, können die alternativen Reiseunternehmen nicht mithalten, seitdem der Preis zum alles entscheidenden Kriterium für die Ferien geworden ist. „Angesichts der schrumpfenden Urlaubskassen zählt die Qualität der Reise, wie sie bei den Kleinveranstaltern geboten wird, immer weniger“, stellt Heike Keil Seibold resignierend fest.

Auf dem Reisepavillon, der von 17. bis 19. Januar zum siebten Mal im Raschplatzpavillon in der Nähe des Hannoveraner Hauptbahnhofs stattfindet, werden noch alle kleinen Veranstalter vertreten sein. Einige vielleicht zum letzten Mal. Noch nie waren die Stände dieses „Marktplatzes für anderes Reisen“ so gefragt und frühzeitig ausgebucht wie in diesem Jahr. Ein letztes Aufbäumen, bevor die Pleitewelle über die Alternativen hinwegbrandet?

In einer öffentlichen Talk- Runde zu Beginn des Reisepavillons am 17. 1. um 17 Uhr versuchen Michael Schlemm (Natours-Reisen), Patrick de la Chaux (Strandläufer) und Manfred Reuther (Verträglich Reisen) mit einem Wirtschaftsberater Auswege aus der drohenden Krise zu finden. Die Kleinveranstalter wollen es den Großen nachmachen: Kooperation heißt die neue Formel. Reinhard Kuntzke

Das Programmheft zum Reisepavillon mit den 70 Veranstaltungen des Rahmenprogramms und den ca. 100 Ausstellern kann bei Stattreisen Hannover, Hausmannstr. 9-10, 30159 Hannover, Tel.: 0511/164 03 33, angefordert und über das Internet ( http:// www.travelbook.da/reisepavillon97 ) eingesehen werden.