Der Berg kommt

■ Netanjahu verpflichtet sich zum Rückzug

Inschallah – wenn Allah und auch Jehovah es wollen, kommt es doch zu einem Abkommen. Hat sich die lange Verzögerung gelohnt?

Für Arafat ja. In den vergangenen vier Monaten, seit der unglückseligen Tunnelöffnung am Tempelberg in Jerusalem, hat sich seine Position weithin verstärkt. Ägypten steht hinter ihm. Jetzt hat sich auch König Hussein von Jordanien persönlich nach Gaza bemüht. In einer Region, in der symbolische Akte oft wichtiger sind als die praktischen, wurde das sehr wohl beachtet. Seine Majestät salutierte auf befreitem palästinensischen Boden denselben palästinensischen Offizieren, die er vor 27 Jahren mit Kanonen aus seinem Königreich verjagt hatte. Der Berg kommt zu Muhammad.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist nun am Tiefpunkt seiner Regierungszeit angelangt. Eine dumme Affäre um die Ernennung eines untauglichen Staatsanwalts hat ihn in der israelischen Öffentlichkeit zur Spottfigur gemacht, viele seiner Minister lehnen sich offen gegen das sich anbahnende Abkommen auf. Wenn er keine Mehrheit im eigenen Kabinett zustande bringt, wird er gezwungen sein, doch eine große Koalition mit der Arbeitspartei einzugehen.

Was ist bei den Verhandlungen herausgekommen? Der Großteil Hebrons wird geräumt, wie im Oslo-II-Abkommen vorgesehen. Der ausschlaggebende Punkt war, daß Arafat berechtigte Angst hatte, daß damit der Friedensprozeß zu Ende geht. Diese Gefahr ist beseitigt. Laut Oslo sollte das israelische Militär das ganze Westjordanland in drei Etappen von je sechs Monaten – also bis September 1997 – räumen. Ausgenommen sind die 140 jüdischen Siedlungen und „bestimmte“, aber nicht definierte „militärische Orte“. Zu der Räumung wollte sich Netanjahu unter keinen Umständen verpflichten, denn das würde für ihn bedeuten, daß Israel das ganze Westjordanland am Ende aufgeben muß. Er war nur bereit, sich zur ersten Etappe zu verpflichten. Jetzt hat sich Netanjahu zu allen drei Etappen verpflichtet. Dafür hat Arafat den Endtermin von September 1997 (der jetzt sowieso utopisch war) auf August 1998 verschoben.

Ein Schritt vorwärts – und dann geht der Kampf um den Frieden weiter. Uri Avnery

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