A cool chat?

■ Internet-Surfen jetzt live in der Stadtbibliothek: Search „El Pais“

Judith Sanders aus Peru liest gern El Pais. Nun sitzt sie vor dem neuen „Internet-PC“ der Stadtbibliothek Neustadt und sagt: „Ich versuche jetzt zu surfen.“ Aus der selben Motivation heraus: Judith Sanders möchte die aktuelle Ausgabe der Madrider Zeitung durchblättern, hat aber deren http://www. usw.-Adresse nicht dabei. „Jetzt klicke ich alles auf dem Bildschirm an, was international ist, so bin ich schon oft an mein Ziel gekommen.“

Gestern war der zweite Tag „Kostenlos Surfen im Internet“ in den Bremer Bibliotheken am Schüsselkorb, in Osterholz und in der Neustadt. Das Angebot existiert schon seit Oktober letzten Jahres – seither greift das Projekt BINE (Bibliothek + Internet = Navigation + Erschließung), das dem Bundesbildungsministerium 370.000 Mark Zuschuß für Bremen wert ist. Die Arbeit einer eigens eingestellten Internet-Fach-Bibliothekarin ist nun öffentlich einsetzbar: In der Neustadt etwa steht neben dem PC „Online-Dienste“ nun das Gerät „Internet“.

Judith Sanders ist losgesurft. Ihr Lieblings-Fussi-Verein schon Online meldet der Bildschirm und fragt You wanna have a cool chat? „Ich bin in einer Zeitung“, erklärt Frau Sanders, probiert's noch über www.spin.de und geht dann doch zurück zu web.de-Deutschland im Internet, Stichwort Presse. Hier stehen das Stadtmagazin von Korschenbroich, VOLL! – Tips und Trips für Burgdorf und Lehrte sowie Piste Schwerin zur Auswahl.

Web.de-Deutschland hat Judith Sanders dem Buch „Literarische Spaziergänge im Internet“ entnommen, das dem PC beigelegt ist. Außerdem hilft die Neustadts-Bibliothek mit der Bereitstellung des Titels „Das Internet-Dschungelbuch“, „The First Time Internet“ und ausgewählten Server-Verzeichnissen zu den Themenbereichen Umwelt und Telekommunikation beim ersten Zurechtfinden. Im Karton daneben stecken CDs a la „Comptest Berufswahl“, bibliotheksgerecht garantiert index-ungefährdet.

Eine Bikini-Politesse und ein Mercedes-Stern durchstreifen Frau Sanders' Surfausflug. Sie ist in (Das Online-Magazin aus Berlin). In der Rubrik „Polit-Büro“ wird erwähnt, daß Bill Clinton neuer Präsident ist: „Am Beginn seiner Amtszeit in Washington macht B.C. viele Fehler, da er in Hauptstadtgeschäften unerfahren war.“ In „Tronics“ weist in auf die Riesenpanne bei T-Online durch verbotene Sex-Mails hin. Judith Sanders klickt auf exit.

Etwa im Frühjahr '98 wird auch das Bibliotheks-Surfen Gebühren kosten. Dann läuft BINE aus, und die Bibliotheksverwaltung hofft, bis dahin das Bremer Internet-Nutzverhalten mit Hilfe von Informatik-StudentInnen genauestens eruiert zu haben. Dann soll alles selbständig und kostendeckend laufen.

Judith Sanders zeigt das Nutzungsverhalten Nervosität und versucht einen weiteren Anlauf über das Medien-Verzeichnis http://www.4mens.com/4mens/weblist/ejournal.html. Darin stehen zwar die Jerusalem Post, der Ghanian Newsrunner und Asahi Shimbun/ Tokio, jedoch nicht El Pais. Noch einmal packt Frau Sanders der Jagdinstinkt: Sie klickt sich in die Universitäts-Magazine (check back for a lot of cool local info), landet deep south in New Zealand (der Bildschirm mit Sonnen unterlegt, unten links blinkt harder than it looks). „Wenigstens bin ich aus Deutschland raus, das ist ein gutes Zeichen“, sagt die Surferin. Zwei Minuten später wählt sie Purdue On-Line Writing Lab Web Server Home Page an. FORBIDDEN, ist die Antwort. sip

Bibliotheks-Surfen mit vorheriger Anmeldung unter