Expertenregierung als Ausweg?

■ Bulgariens Opposition zeigt sich kompromißbereit. Präsident Schelew warnt vor Scheitern der Reformen

Sofia (AP/dpa) – Die bulgarische Opposition ist bereit, nach Festlegung vorgezogener Neuwahlen eine Regierung von Fachleuten unter Leitung der Sozialisten zu akzeptieren. Das sagte Jordan Sokolow, Vorsitzender der Parlamentsfraktion des antikommunistischen Verbandes der demokratischen Kräfte (SDS), gestern nach Angaben des staatlichen Rundfunks. Führungsmitglieder des antikommunistischen Verbandes hätten auf einer Sitzung die Ansicht vertreten, daß die Neuwahlen im kommenden Juni stattfinden können. Darauf sollten sich alle Parlamentsfraktionen einigen.

Der scheidende bulgarische Präsident Schelju Schelew machte unterdessen die Sozialistische Partei für die Staatskrise verantwortlich und warnte vor einem endgültigen Scheitern der Reformen. In einem Interview der Tageszeitung Kontinent erklärte Schelew gestern, wenn die ehemaligen Kommunisten weiter an der Regierung blieben, würde das Land zusammenbrechen. „Bulgarien ist das erste postkommunistische Land, das den Übergang zur Marktwirtschaft verfehlt hat und nun dabei ist, auch beim Übergang zur Demokratie zu scheitern“, sagte Schelew. Die Protestbewegung auf den Straßen sei keine Kampagne für eine bestimmte Partei, sondern Ausdruck der tiefen Verzweiflung angesichts des sinkenden Lebensstandards. Die Sozialisten hatten sich am Montag grundsätzlich zu einer vorgezogenen Neuwahl bereit erklärt, dies aber an Bedingungen geknüpft. Parteichef Georgi Parwanow sagte, die Regierung müsse wegen der Wirtschaftskrise noch eineinhalb Jahre im Amt bleiben. Zudem stehe der sozialistische Spitzenkandidat, Innenminister Nikolai Dobrew, nicht zur Diskussion. Der Leiter der oppositionellen Union der Demokratischen Kräfte (SDS), Iwan Kostow, wies das Angebot Parwanows zurück. Er verlangte ein eindeutiges Mandat der Sozialisten für Parwanow, mit ihm über die Ansetzung der Neuwahl zu verhandeln.

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