Hintermann verhaftet

■ Festnahme eines Mannes im brandenburgischen Dolgenbrodt, der Flüchtlingsheimbrand angestiftet haben soll

Berlin (taz) – Ende Oktober 1992 brannte im brandenburgischen Dolgenbrodt das gerade bezugsfertige Asylbewerberhaus lichterloh. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben schließlich ein Bild des Schreckens: Der Brandstifter Silvio J., damals Mitglied der neonazistischen „Nationalen Front“, fackelte das Gebäude zwar allein nieder. Doch er tat dies mit klammheimlicher Billigung der meisten der 260 Dorfbewohner. Ihr Ziel war stets, wie die taz damals berichtete, ihre Gemeinde ausländerfrei zu halten.

Der später vom Landgericht in Frankfurt/Oder angeklagte Silvio J. erklärte nach der Tat, aus der Dorfkasse 1.500 Mark für seinen Job erhalten zu haben. Während des Prozesses bestritt er dies zwar wieder – aber seither hält sich das Gerücht, daß der mittlerweile 27jährige Mann für sein Schweigen wiederum aus Dolgenbrodter Privatschatullen honoriert worden ist.

Der Brandstifter wurde zunächst mangels ausreichender Beweise freigesprochen. Doch der Bundesgerichtshof hob Ende vorigen Jahres das Urteil auf, weil die Potsdamer Richter die Indizien nicht im Bündel zu würdigen bereit waren. Nach erneuter Verhandlung wurde Silvio J. schließlich zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Vorgestern will nun die Potsdamer Polizei den bislang unbekannten Anstifter des Anschlags festgenommen haben. Der Blumenhändler Thomas O. wird jetzt bezichtigt, sowohl die Idee für die Tat gehabt als auch in der Verhandlung gegen Silvio J. die Unwahrheit gesagt zu haben.

Nach Erkenntnissen der Frankfurter Justizbehörde unter Federführung von Staatsanwältin Petra Marx soll Thomas O. den Brandleger mit 2.000 Mark entgolten haben. Außerdem habe Thomas O., der schon am Montag vorläufig festgenommen wurde, Silvio J. mehrmals Schweigegeld zahlen müssen.

Wie die Polizei letztlich auf die Täterschaft des Floristen gekommen ist, mochte die Frankfurter Staatsanwaltschaft „aus Gründen der aktuellen und hoffentlich weiterhin erfolgreichen Ermittlungen“ nicht sagen. Man habe allerdings, teilte Justizsprecher Joachim Sörries mit, schon im Prozeß gegen Silvio J. Anhaltspunkte für die Anstiftung durch Thomas O. sammeln können. Der seit Dienstag in U-Haft einsitzende Thomas O. könnte, obwohl er den Brand nicht selbst gelegt haben soll, mit dem gleichen Strafmaß belegt werden wie ein Brandstifter: „Da macht das deutsche Strafrecht keinen Unterschied“, so Sörries. Somit würde sich das Urteil, würde das Gericht den Angeklagten für schuldig befinden, in einem Rahmen zwischen zwölf Monaten und zehn Jahren Freiheitsentzug bewegen. Jan Feddersen