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■ VorschlagSauberkeit, Ordnung, Kontrolle: „Synthetic Pleasures“ im Kino

„Taifun 7 nähert sich jetzt, starker Wind und Regen gegen 17 Uhr“. Was klingt wie ein besorgniserregender Wetterbericht, entpuppt sich als Programmdurchsage im „Ocean Dome“ (“Escape from everyday life, come to paradise“) in Myaziki, gegen den das „blub“ sich bestenfalls ausnimmt wie ein Dorfhallenbad. Ausgerechnet im von Überschwemmungen und Meeresbeben heimgesuchten Japan boomen riesige, überdachte Areale, in denen in die kalkulierte Flutwelle abgetaucht werden kann. Die menschliche Unvollkommenheit gegenüber ideal-technischer Vollkommenheit, so John Perry Barlow, Mitbegründer der „Electronic Frontier Foundation“ gleiche dem „Jucken an einer Stelle, wo wir uns nicht kratzen können“. Zitate wie dieses kommentieren nur gelegentlich die Hauptsache in „Synthetic Pleasures“ von Iara Lee: einem virtuellen Bildteppich aus knapp 90 computeranimierten Clips – bei 83 Minuten Filmdauer. Synthetisches Vergnügen, wie es Lees Dokumentarfilm vorführt, hat Methode: Sauberkeit, Ordnung, Kontrolle lauten die Maximen zur Erzeugung einer künstlichen Welt oder zumindest der Bilder davon. Vom ersten Moonwalk bis zur via Nanotechnologie modifizierten DNA, ein kleiner Schritt, suggeriert Lees Schnittfolge. Sogenannte Schlüsseltechnologien werden vorgeführt. Kosmetische Pharmakologie, lebensverlängernde Experimente am Cyronics Institute, digitale Bearbeitung, plastische und organsubstituierende Chirurgie, last, not least das Internet.

Die französische Performance-Künstlerin Orlan erläutert ihre bevorstehende 10. Gesichts-OP (“Ich bin ein Work-in-Progress“) als „Avantgarde“. Gemeinsam mit ihrer Chirurgin strebt sie das Aussehen der Mona Lisa an, wozu mit Schnitten und Platten die neue Gesichtsidentität erarbeitet wird. Timothy Leary orakelt von „cyber- hippies“ und den Segnungen der synthetischen Droge Prozac. Ein Clip setzt das Ganze bildlich um – als Boxkampf, bei dem ein kleiner Wicht à la Asterix den größten Lukas umhaut. Da lob ich mir den Anfang des Films, bevor er zum optischen Parforceritt startet. Nach der Begrüßung durch fliegende Haie, die einander mit den Zähnen „Hallo“ sagen und sich darauf digital in Eishockeyspieler „morphen“, tritt ein Cyborg-Mädchen ins Bild und lädt stilecht zum Übertritt. Gudrun Holz

„Synthetic Pleasures“ USA 1995, bis 30. 1. im Central (OmU), Rosenthaler Straße 39, Mitte und Xenon (OF), Kolonnenstraße 5, Schöneberg.

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