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■ StandbildAdels-Groupie im Schnee

„Alida Gundlach: St. Moritz exklusiv“, Mi., 21 Uhr, ARD

Wenn Alida Gundlach von der großen Welt träumt, dann ist das Fernsehen dabei. Und wo das Fernsehen hinlangt, verliert gleich alles ein bißchen seine Würde, und wo sich Alida Gundlach zudem noch hinzugesellt, wird das TV-Bild zum Ramsch.

Das allein muß noch nicht schlimm sein, und wenn Gundlach den Blaublütern, dem Großkapital und diverser anderer Prominenz in ihre privaten Wohnanlagen in St. Moritz steigt und alle Erhabenheit gleich mit ihrem ersten prollig heiseren Hallo versaut, könnte das durchaus witzig und reizvoll werden. Sie könnte zum Beispiel Fettflecken auf dem Sofa hinterlassen, rülpsen oder die Gastgeber um mehr Champagner und die TV-Fernbedienung bitten.

Aber nichts da, der Sturm des Pöbels auf die letzten VIP-Refugien findet nicht statt. Statt dessen herzzerreißend peinliche Mimesis statt Machtablöse. Alida träumt von Prinzen und Prestige, schmeißt sich in ihr teuerstes Tuch, stülpt ein Pelzhütchen auf das erregte Köpfchen und stapft durch den Luftkurort. Hier ist der Schnee „reinster Puderzucker“, die Bergansicht „traumhaft schön“, die Pisten „ein Wintermärchen“, die Abfahrt „atemberaubend schnell“; hier gehören „Talent und Fleiß“ noch zusammen, denn „nur so geht's“, und „die Privatjets landen sanft“.

Wir erfahren so Unglaubliches wie „Polo, auf der ganzen Welt die wichtigste Nebensache“, oder daß die Karajans und Burdas leider noch nicht eingetroffen sind und der Himmel über St. Moritz Willi Bogner zu einem „dieses Blau“ hinreißt. Bald sehen wir das nach Kräften aufgetakelte Adels-Groupie Gundlach vor einer Hotelzimmertür stehen. Stolz lispelt sie, sie sei gerade mit einem Geheimaufzug gefahren, mit dem die Reichen sonst dem Volk entweichen. Oder daß sie bei der echten Prinzessin, Ira von Fürstenberg, zum Sektfrühstück eingeladen sei. Dort wird geplaudert, werden Freud' und Leid geteilt, Pech und plötzliche Haarlosigkeit bei den Grimaldis beseufzt.

Und Alida ist glücklich wie ein Knirps, der zum Kapitän ins Cockpit darf. So viele Eindrücke, so eine bunte Welt. Mit großen Kulleraugen und einer Kamera, Marke Hanse-Viertel-TV, grabscht Alida Gundlach alles ab. In ihren aufgeregten Händen wird St. Moritz zu einer großen Schneekugel, die Alida am Ende sorgfältig wieder zurück ins viel zu hohe Regalfach stellt. Birgit Glombitza

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