Haltet das Tier!

Skandal! Zwei Ausbrüche gefährlicher Raubtiere in einer Woche: Gestern verhaftete die Plizei in Blankenese ein flüchtiges Känguruh, vorgestern mußte eine Königsnatter eingefangen werden. Was ist mit dem Hamburger Tiervollzug los? Droht eine Entlassungswelle bei den Aufsehern? Notschlachtungen? Stand das Känguruh unter Drogen? Ein Streitgespräch zwischen dem zoologischen Justizsprecher Wolf Roffmann-Hiem, dem Sprecher der Bürgerinitiative „Mauern statt Gitter“, Bole von Eust, und Babine Oehlich von der Gruppe „Besorgte Bürgerin aus Blankenese“, kurz BeBüBla. (Ähnlichkeiten mit lebenden Personen, zum Beispiel Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem, CDU-Bürgermeisterkandidat Ole von Beust oder der GAL-Abgeordneten Sabine Boehlich sind rein zufällig.)

taz: Eine Ausbruchswelle von wilden Tieren schockiert die Hamburger Bevölkerung. Können sich die Bürger noch sicher fühlen?

Babine Oehlich: Absolut nein! Wie soll ich noch auf dem Süllberg spazierengehen oder meine Kinder allein zur Schule schicken, wenn ausgebrochene Königsnattern überall lauern könnten?! Letzte Nacht hockte gar ein unbegleitetes ausländisches Känguruh auf meiner Motorhaube und fletschte die Zähne. Von den Lackschäden will ich gar nicht sprechen.

Bole von Eust: Wer die im Freigehege gewährten Lockerungen mißbraucht, gehört in den geschlossenen Vollzug nach Hagenbeck. Für die anderen Gefangenen fordern wir: Mauern statt Gitter. Rausgucken ist doch nicht artgerecht.

Wolf Roffmann-Hiem: Man sollte die wenigen Ausbrüche nicht dazu nutzen, die liberale Tierhaltung in Frage zu stellen...

von Eust: Notschlachten!

Roffmann-Hiem: ... auch wir sind an das Tiervollzugsgesetz gebunden, Herr von Eust.

Oehlich: Die Innere Sicherheit muß Vorrang haben. Der Zoo braucht eine starke Hand.

Roffmann-Hiem: Nur eine gerechte Hand ist eine starke Hand. Sie haben ja völlig recht, Frau Oehlich, wir nehmen die Sicherheitsbedürfnisse im Brennpunkt Blankenese auch sehr ernst. Und wir haben auch schon einiges getan. Ich erinnere an die Umbauten in Hagenbeck, um eine stärkere Differenzierung zu ermöglichen.

von Eust: Aber das bissige Känguruh stand nachweislich unter Drogen. Es geht doch in den Anstalten drunter und drüber.

Oehlich: Genau! Die Tierwärten stecken mit denen unter einer Decke und müssen weg.

Roffmann-Hiem: Das ist doch eine populistische Forderung. Die Gesellschaft schiebt immer mehr ungelöste Konflikte wie Gewalt und Drogen auf die Anstalten ab. Doch auch die Zoo-Insassen haben Rechte. Wir werden allerdings über striktere Kontrollen nachdenken müssen.

taz: Wir danken Ihnen für dieses lebhafte Gespräch.

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