Überfütterung aus Liebe

■ Die israelischen Choreographen Nir Ben Gal und Liat Dror zeigen „The Land of Rape and Honey“ auf Kampnagel

Es ist, als habe jemand ein Puzzle auf den Boden geworfen. Die Teile hebt er eines nach dem anderen auf, guckt sie einen Moment lang an und schmeißt sie wieder hin. So tanzt The Land of Rape and Honey daher: ein Haufen Szenen zum Thema Liebe. Anderthalb Stunden lang folgen Gesten der Mütterlichkeit auf Sex auf Eifersucht, ohne daß die Akteure das Puzzle zusammensetzen.

Zum ersten Mal zeigen die israelischen Tänzer und Choreographen Nir Ben Gal und Liat Dror The Land of Rape and Honey in Europa. „Einige Klischees werden hier komisch erscheinen, weil es typisch israelische sind“, sagt Nir Ben Gal. Andere beweisen interkulturelle Beständigkeit, wie das der Frau, deren Liebe durch den Magen ihres Nachwuchses geht.

Daß Mutti ihr Kind dabei mit Orangen mästet, „ist etwas sehr Israelisches“, lächelt Nir Ben Gal. Und es ist die Verwirklichung dessen, was er von seinen Tänzern verlangt: den Alltag mit ins Studio zu bringen und Klischees zu benutzen, um sie zu widerlegen. Denn kaum hat Mutti die letzte Orange verfüttert, wechselt sie die Rolle und umwirbt ihren Mann mit einem erotischen Tanz.

Dem israelischen Publikum waren die Stücke des Ehepaares oft zu lebensecht, als Nir Ben Gal und Liat Dror vor sechs Jahren ihre Tanz-Kompanie gründeten. Zu hart, lautete die Kritik, zu wild. Oder zu politisch, wie bei dem Stück Figs, das 1993 die Konflikte zwischen Arabern und Juden in Israel behandelte.

Die Vorwürfe scheren Nir Ben Gal und seine Frau wenig. Ihr neues Stück Interrogation handelt vom Mord an Israels Ministerpräsidenten Rabin und der Wahl des rechten Benjamin Netanjahu.

Judith Weber

Kampnagel k6, 22. und 24.-26. Januar, 20 Uhr