■ Vorschlag
: Verweigerung des Ententanzes: Ebermann/Trampert lesen an der TU

Ihr Austritt im Jahre 1990 hatte etwas von einem Exodus. Im Gefolge der Hamburger Ökosozialisten Thomas Ebermann und Rainer Trampert verließen seinerzeit 41 Mitstreiter die Bündnisgrünen, weil sie in der frisch vereinten Partei kein Forum mehr sahen für eine linke, radikale Politik ihrer Couleur. Die parlamentarische Phase zweier Politstrategen, die ihre „wilden Basisjahre“ in den 70ern hatten und die in den 80ern den fundamentalistischen Widerpart zur Realo-Position von Joschka Fischer und Otto Schily bildeten, war damit beendet. Was blieb, war eine hohe publizistische Präsenz mit trotzigem Sendungseifer. Thomas Ebermann bringt es auf bis zu 30 Talk-Show-Auftritte im Jahr und fühlt sich dabei gelegentlich wie einer, „der auf Mallorca den Ententanz nicht mitmacht“. Dabei lädt man ihn ja gerade wegen der Pose des typischen „Nichtmitmachers“ immer wieder ein. Wo explizit auf Komikerqualitäten gesetzt wird, wie kürzlich in der NDR-Sendung „Extra dry“, geht die Chose prompt schief. Als „Troublemaker“ funktioniert der frühere Fließbandarbeiter, Fußballfan und Pferdewetter nur, wenn Ernstes dabei herauskommen soll.

Und ernst ist Ebermann nicht weniger als der strenge Analytiker Rainer Trampert. Elf Jahre nach seinem gemeinsamen Buch über „Die Zukunft der Grünen“ legte das Autorenduo 1995 mit der „Offenbarung der Propheten“ eine 360 Seiten starke Polemik gegen ökonomische Allgemeinplätze, allerlei Bocksgesänge und die Verwandlung von linker Theorie in Esoterik vor, die inzwischen bereits die dritte Auflage erreicht hat. „...ein manchmal polemisches, nirgendwo aber schlecht gelaunt geschriebenes Buch“, hieß es seinerzeit in der Zeit, während Jutta Dittfurth in der taz schlicht befand: „Die Fibel für alle, die bemüht sind, nicht zu verblöden.“

Am heutigen Abend werden Thomas Ebermann und Rainer Trampert nicht nur lesend und sprechend ihre Prophetenschelte fortsetzen, sondern auch neue Thesen zur Globalisierung vorstellen, die zunehmend auch linke Theoretiker verschreckt. Schon Tucholsky wußte darüber Bescheid: „Was die Weltwirtschaft angeht“, meinte dieser, „so ist sie verflochten.“ Die tatsächliche Gefahr, meinen Ebermann/Trampert, liege darin, daß die Globalisierung nicht stattfindet.

Stoff zum Kopfschütteln, Streiten, Nachdenken und Schmunzeln dürfte in ausreichender Fülle vorhanden sein, wenn sich die Politpromis von gestern an ihr diskursives Entertainment machen. Harry Nutt

Thomas Ebermann und Rainer Trampert lesen und diskutieren um 19 Uhr im Mathe-Gebäude der TU-Berlin, Straße des 17. Juni