Der Mann von der Kartoffelpolizei

■ Oft ist sie grün wie die Grüne Woche. Manchmal ist sie schwarz. Die Kartoffel hat ein schlechtes Image. Der Wilmersdorfer Kartoffelexperte Fritz Wick weiß, warum

taz: Herr Wick, warum sagt man eigentlich, die dümmsten Bauern ernten die größten Kartoffeln?

Fritz Wick: Das weiß ich auch nicht. Wenn ein Bauer die größten Kartoffeln erntet, dann hat er ja schon viel geleistet. Er hat seine Böden gepflügt, er hat richtig gedüngt, nicht zuviel, nicht zuwenig, er hat die Fruchtfolge eingehalten.

Der Kartoffelverzehr in Deutschland ist seit Jahren stark rückläufig.

Ich weiß gar nicht, warum das so ist. Die Kartoffel ist ein so wertvolles Lebensmittel, man sollte viel mehr davon essen.

Wie viele Kartoffeln essen Sie denn am Tag?

Ich habe sie jedenfalls lieber als Nudeln. Nur ist es ja so, daß Kartoffeln mehr Arbeit machen. Da aber die Hausfrau oder der Hausmann immer weniger Zeit haben oder nicht mehr so viel Zeit in der Küche verbringen wollen, greifen sie auf Fertigprodukte zurück.

Liegt es nicht auch am schlechten Image der Kartoffel? Oft werden im Supermarkt welche angeboten, die schon schwarzfleckig oder gar grün sind.

Eigentlich sind die Kartoffeln im Supermarkt von guter Qualität. Sie kriegen beim Bauern nur bessere Ware hinsichtlich der Beschädigungen. Die Bauern sortieren eben die Kartoffeln noch von Hand in den Zentnersack.

Warum haben eigentlich Kartoffeln schwarze Flecken?

Das ist kältebedingt. Wenn sie ausgelagert werden, laufen sie über Bänder in die Packmaschinen. Doch eine Kartoffel sollte mindestens 12 Grad haben. Oft werden sie aber bei vier Grad ausgelagert, weil man sie schnell braucht. Man müßte sie ganz langsam bei zwei Grad pro Tag auf 12 Grad aufwärmen. Das wäre ideal. Aber das kann sich keiner von der Zeit her leisten. Deswegen läßt man sie eiskalt über die Bänder laufen, über hohe Fallstufen, und dabei knallen sie gegen Wände. Sobald sie im warmen Supermarkt oder zu Hause in der Küche sind, bekommen sie schwarze Flecken.

Und warum werden die Kartoffeln grün?

Weil sie zuviel Licht bekommen haben. Entweder waren sie nicht richtig gesteckt oder, sie liegen im Supermarkt im Hellen.

Sie spielen dann quasi Kartoffelpolizei?

Ich mache Stichproben. Ich gehe in meinem Bezirk Wilmersdorf durchschnittlich vier- bis fünfmal im Jahr in einen Laden oder auf den Wochenmarkt und überprüfe die Qualität.

Spüren Sie viele Mängel auf?

Man findet immer mal was. Aber das hält sich im Rahmen. Es geht ja auch darum, wie der Kunde die Kartoffel im Supermarkt behandelt. Oft kommt die Ware gut an, aber die Kunden fassen rein in die Kiste, drücken die Frucht mit dem Finger kaputt und schmeißen sie dann zurück. Was meinen Sie, was da alles angerichtet wird.

Sind die Berliner nun Kartoffelmuffel?

Nein. Aber seit der Wende hat sich viel verändert. Früher gab es hier ja nur wenige Sorten, Bintje und Hansa beispielsweise. Jetzt ist das Angebot viel größer. Viele Kartoffeln kommen aus dem Umland. In Deutschland sind ja 169 Sorten zugelassen. Der Berliner hat ja früher zu 80 Prozent nur mehlig kochende Kartoffeln gegessen, anscheinend gern zu Soße. Da konnte er sie schön zerquetschen. Jetzt geht der Trend eindeutig zur festkochenden Kartoffel.

Hat der Kartoffelexperte Fritz Wick ein Lieblingskartoffelrezept?

Ich kann empfehlen: Kartoffelpuffer mit Räucherlachs und ein bißchen Schmand drauf. Interview: Jens Rübsam