■ Fakten
: Rechte Denkmuster

Nimmt der Fremdenhaß in Deutschland zu? Nur wenige Jahre war völkisches Denken nach der Eskalation rassistischer Gewalt in den Jahren 1990 bis 1993 out. Brav unterwarfen sich die Bürger der Losung „Mein Freund ist Ausländer“. 1994 glaubten „nur“ 23 Prozent der Ostdeutschen und 17 Prozent der Westdeutschen: „Die Ausländer sind schuld an der Massenarbeitslosigkeit.“ Zwei Jahre später, 1996, waren es bereits 37 Prozent beziehungsweise 35 Prozent.

Während im Westen der Republik die Zahl fremdenfeindlicher Straftaten seit 1993 zurückgeht, steigt sie in Mecklenburg- Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Auch in Brandenburg verging 1996 kaum ein Tag ohne Angriffe auf ausländische Wirte, Imbißbetreiber und Arbeiter aus den EU-Ländern.

„Im Osten hat sich ein soziokulturelles Milieu etabliert, das weder an eine Organisation noch an ein Programm gekoppelt ist“, stellt der Sozialforscher und Leiter des Berlin-Brandenburger Bildungswerkes, Bernd Wagner, fest. Dieses sei auch nicht mehr auf jugendliche Subkulturen beschränkt, sondern umfasse inzwischen große Teile der Erwachsenengeneration. „Viele rechtsextremistische Denkmuster werden in diesem Milieu inzwischen als normal betrachtet“, so Bernd Wagner weiter. Die Tabugrenzen haben sich verschoben.

Eine Reihe von Faktoren begünstigen dabei, nach Beobachtung Bernd Wagners, diese völkische Abwehr: die größere Freizügigkeit für Arbeitsmigranten innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, fehlende demokratische und pluralistische Traditionen, die bürgerferne Politik. Und vielerorts münden die im real existierenden Sozialismus propagierten und gepflegten antiwestlichen Ressentiments in nationalsozialistisches Denken. Eine Einschätzung, die unser Gespräch mit Jugendlichen in Fürstenwalde bestätigt.